Archiv Aktuelles
Fotos: Dr. Barbara Linse, Petra Weniger
Ein großer Abend am 9. Mai 2024 in Dresden
Musikfestspiele eröffnen mit Richard Wagners „Die Walküre“
Der Vater- oder Männertag, den Eingeweihte noch als Christi Himmelfahrt kennen, war ein schöner sonniger Frühsommertag, an dem sich Dresden und seine Musikfestspiele wieder einmal Richard Wagner würdig erwiesen. Das von vielen Stellen, vor allem aber von der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien finanziell unterstützte Projekt der historisch informierten und auch so praktizierten Aufführung von Wagners Opus magnum „Der Ring des Nibelungen“ ging mit „Die Walküre“ in die zweite Runde. Und unser Verein war deutlich präsent mit einem Informationstisch vertreten, den die Anwesenden auch reichlich frequentierten. Wissenschaftlich begleitet gab es im Vortragsprogramm im Wagner-Café Interessantes bis Heiteres zu verschiedenen Themen. Bei der Einführung in „Die Walküre“ ergoss sich dann noch einen ordentlichen Schwall Schimpf und Schande über den Komponisten, dem mit der Moralkeule heutiger Sicht und heutigen Denkens diskursbestimmender woker Kreise anklagend Antisemitismus, Rassismus und eine üble Haltung gegenüber Frauen nachgerufen wurde.
Bloß gut, dass er nicht auch noch in den damals im Entstehen begriffenen deutschen Kolonien unterwegs war. Mit der Präsentation eines Horns aus einem tatsächlichen Horn eines Watussi-Rindes kam man dem Thema zuvor deutlich nahe, denn diese Tiere werden in Ruanda und Burundi gehalten, die einmal als Protektorate der Kolonie Deutsch-Ostafrika angegliedert waren.
So eingestimmt sollte man also schlechten Gewissens in das Konzert „von se einem“ gehen. Dass all dieser „Zeitgeist“ Wagners Popularität wenig Abbruch tut, bewies die Begeisterung der Besucher während und nach der konzertanten Aufführung. Intendant Jan Vogler führte ein, Kent Nagano, das Festspielorchester und Concerto Köln sowie alle herausragend guten Solisten führten aus. Von denen sollen zwei subjektiv herausgehoben werden. Zur eigenen Freude war in der Partie der Rossweisse mit Mezzosopran Marie-Luise Dressen eine eigene Bayreuth-Stipendiatin des RWV Leipzig aus dem Jahr 2007 dabei, deren Weg zu beobachten beim ehemaligen Vereinsvorsitzenden für Genugtuung sorgt. Und selten sieht man einen Künstler sich so offensichtlich über den Erfolg und Applaus freuen, wie es „Hunding“ Tobias Kehrer tat. Da menschelte es auf der Bühne. Am Ende donnernder Applaus, stehende, nicht enden wollende Ovationen für alle Künstler und das Werk Richard Wagners, dieses „schlimmen Fingers“. Man freut sich schon auf das kommende Jahr.
„Ich will, dass die Deutschen gute Patrioten sind“
Ein Prinz aus Äthiopien begeistert sein Publikum im Ständehaus zu Merseburg
Als der kleine schwarze Mann auf der Bühne diesen Satz sagt, bekommt er lautstarken Beifall aus dem mehr als hundertköpfigen Auditorium. Die Deutschen sollten sich endlich zu ihrer Identität bekennen, sich „nicht besser, aber auch nicht schlechter als andere Völker“ fühlen. (Ein Schelm, wer da an die Nationalhymne der DDR denkt!) Doch so einfach ist das nicht in einem ideologisch umkämpften Land wie dem Unseren, mit dem ein Vizekanzler „nichts anzufangen weiß“ und der Vaterlandsliebe „zum Kotzen“ findet. So hat auch im Publikum manch einer ein „Problem mit dem Deutschsein“, unterliegt dem allgegenwärtigen Missverständnis, Patriotismus mit Nationalismus zu verwechseln. Doch der promovierte Autor, Unternehmensberater und politische Analyst mit dem exotischen Namen Asfa-Wossen Asserate, Großneffe des letzten Kaisers von Äthiopien Haile Selassie, lässt keinen Zweifel an dem, was er meint: Die Deutschen, die sich akribisch wie kaum ein anderes Volk mit ihrer Geschichte auseinandersetzten, sollten wieder stolz sein auf das, was sie geschafft hätten, auch nach 1989, in West wie Ost! Der in Afrika geborene Prinz war einer Einladung des Richard-Wagner-Zentrums Mitteldeutschlands und des Freundeskreises Literatur e.V. Merseburg in den Erhard-Hübner-Saal des einstigen Sitzungssaales des Provinzialparlaments der preußischen Provinz Sachsen gefolgt. Hier stellte er sich den Fragen von Andreas Platthaus, Literaturchef der FAZ und Thomas Krakow, Vorsitzender unseres Vereins, auf dessen Initiative der Abend zurückging. Auch der Oberbürgermeister von Weißenfels, Martin Papke, war gekommen und Sebastian Müller-Bahr, der OB von Merseburg, schaute auf einen Augenblick herein. Humorvoll, sprachlich geschliffen und pointiert hält Dr. Asserate den Deutschen den Spiegel vor, beobachtet ihre Selbstzweifel, ihre Marotten, Eigenheiten und Klischees. Das kann er, denn seine Biografie ist deutsch geprägt: 1948 geboren im damaligen Abessinien, aufgewachsen mit deutschsprachigem Kindermädchen, Abitur an der deutschen Schule in Addis Abeba, Studium in Tübingen und Cambridge. Nach der Machtübernahme der Militärjunta 1974 und der Hinrichtung seines Vaters durfte er nicht nach Äthiopien zurückkehren. Er lebt seitdem in der Bundesrepublik, ist seit 1981 im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft. 2003 erschien sein Buch „Manieren“: „Wahrhaft elegant – geschrieben in herrlichem Deutsch, humorvoll, gelehrt und unterhaltsam, von dezidiert persönlichem Charme und geradezu universellem Reiz“, so damals die FAZ. 2010 erschien sein Buch „Draußen nur Kännchen“, 2023 ein weiteres in „Die Andere Bibliothek“: „Deutsch vom Scheitel bis zur Sohle, Ein Vademecum“. Dr. Asserate las aus dem Vorwort seines Buches und – als Referenz an unseren Verein – das Kapitel „Festspielhaus“ und sorgte für viel Heiterkeit im Saal. Auch durchaus selbstironische Anmerkungen sparte er nicht aus, so seinen Mangel an Interesse fürs Regietheater oder, in diesem Kreis „nicht leicht zu gestehen“, sein „Nicht-Verhältnis“ zu Wagner und Bayreuth, dessen Besuch er sich für die „Zweite Hälfte“ seines Lebens aufhebe. Auch Fragen über die Zukunft Afrikas, die verfehlte Entwicklungshilfe des Westens und das Engagement Chinas auf dem schwarzen Kontinent oder die stetig wachsende Migration, die seiner Meinung nach nur in den Griff zu bekommen sei mit „einem menschenwürdigen Dasein für alle“, waren Themen des „unterhaltsamen und den Intellekt fördernden Abends“, wie eine Dame aus dem Publikum dankend anmerkte.
Winifred König
Fotos: Dr. Barbara Linse, Ralf-Rainer Hoffmann
Kutzner, „Gottfried“, Vigilius, Tarielashvili
Donnernder Applaus für „Lohengrin“ in Meiningen
Thüringen per Vereinsreise als Kulturland erfahren
Diese Inszenierung von Regisseur Ansgar Haag, 16 Jahre lang Intendant des Staatstheaters Meiningen hatte 2022 für Furore gesorgt. Die Aufführungen hinterließen damals ein aus allen Ecken des Landes angereistes, restlos begeistertes Publikum und zurecht wurde die Inszenierung in dem Jahr zur erfolgreichsten der Spielzeit gewählt. Grund genug, nachdem sich das Gerücht über die Absetzung der Inszenierung als nicht zutreffend erwies, eine Vereinsreise unseres das Richard-Wagner-Zentrum Mitteldeutschland tragenden Vereins, eine Reise nach Thüringen mit unserem zuverlässigen Reisepartner Polster & Pohl anzusetzen. Ostern 2024 war es soweit.
Die Fahrzeit reichte, um ein wenig die Geschichte der Thüringischen Staaten durchzublättern, die nach dem Ende der Landgrafschaft 1247 und dem Start des Freistaats Thüringen 1920 existierten. Eines davon war das Herzogtum Sachsen-Meiningen – klein an Fläche aber kulturell fast ein Gigant. Georg II. (1826-1914), der Theaterherzog, wie man ihn nannte, liebte Sprechtheater, weniger die Musik, und konnte so seine Hofkapelle 1876 weitgehend Richard Wagner für seine ersten Festspiele im fränkischen Bayreuth ausleihen. Hilfreich war dabei, dass seine dritte Frau Helene von Heldburg als Ellen Franz eine Jugendbekanntschaft von Cosima Wagner war. Beziehungen schaden nur dem, der keine hat.
Dieser besonderen Beziehung zwischen Meiningen und Bayreuth wurde Ansgar Haag voll und ganz gerecht. Seine Intentionen und Herangehensweise an die Inszenierung erläuterte er auf Wunsch unseres Vereinsvorsitzenden exklusiv den Teilnehmern i unserem Hotel „Sächsischer Hof“. Im hübschen, weitgehend durchsanierten Meiningen herrschte Ostertrubel, im Theater war viel Bewegung, auch am Informationstisch unseres Vereins.
Bis auf den jugendlichen Kilian Farell als GMD war die Premierenbesetzung am Start. Magnus Vigilius, der dänische Heldentenor mit weiter gereifter Stimme ist eine vokale wie optische Idealbesetzung für diese Rolle. Besser geht’s kaum. Lena Kutzner war eine wundervolle Elsa von Brabant, stimmgewaltig und ausdrucksstark. Die Georgierin Tamta Tarielashvili zeigte alle hintergründigen Facetten der machtgetriebenen Ortrud und Shin Taniguchi als Friedrich von Telramund räumte wieder genauso ab wie als Wolfram im Tannhäuser auf der Wartburg. Chor und Hofkapelle waren in gewohnter Weise in Top-Form. Entsprechend jubelte das Publikum, feierte die Künstler und diskutierte über dieses außergewöhnliche Erlebnis bis im Hotel die Lichter ausgingen. Fast stolz kündigt das Theater an, dass am 4. Mai die letzte Vorstellung sein wird, dabei gehört diese Inszenierung dauerhaft am Haus installiert.
Am Folgetag tauchte die Reisegruppe bei Kaiserwetter in der einstmals Schwarzburg-Sondershausener Residenz Arnstadt tief in dessen reiche Kulturgeschichte ein. Johann Sebastian Bach trat hier seine erste Organistenstelle an. Das unkonventionelle Denkmal am Markt des Bildhauers Prof. Bernd Göbel zeigt eine deutliche Formensprache zum jungen Draufgänger Bach. Für uns wesentlich war die Literaturgeschichte mit Ludwig Bechstein (1801-1860), vor allem aber Eugenie John alias E. Marlitt (1825-1887). Ihre z.T. erschütternde Biografie, in Arnstadt angesiedelt, erzählt viel über die Zeit aber eben auch, wie diese Frau das Genre des sozial hintergründigen Familienromans salonfähig und massenkompatibel machte. Sie hat kein wirkliches Denkmal aber es gibt die nach ihrem Erfolgsroman „Goldelse“ spitz benannte Siegessäule in Berlin. Diese Reise war auch dank des vortrefflichen Busfahrers Peter Richter rundum gelungen. Thomas Krakow
Fotos: Dr. Barbara Linse, Ingetraut Schürk, Thomas Krakow
König Heinrich
Tiina Auling
Merseburger Reisegruppe in Tartu/Dorpat
Wenn einer eine Reise tut...
Richard Wagner hat uns nach Estland gelockt
Ein unbeschriebenes Blatt? Beim einstmals deutsch dominierten Livland ist man, über die deutschen Ortsnamen definiert, schnell und nicht nur über Deutschen oder Schwertbrüderorden in der eigenen Geschichte. Tallinn, das alte Reval, war Hansestadt und Tartu, das alte Dorpat wichtige Station zwischen der russischen Hauptstadt St. Petersburg und Deutschland. Persönlichkeiten wie Chemienobelpreisträger Wilhelm Ostwald aus Riga gehören dazu, der dort und in Dorpat (Tartu) studierte und 1932 in Leipzig starb.
Leipzig ist die Brücke zu Richard Wagner, dessen „Lohengrin“ uns angelockt hatte. Regisseur Michiel Dijkema inszenierte bereits den „Fliegenden Holländer“ in Leipzig, so dass sich 27 Teilnehmer neugierig auf die vom Vorsitzenden Thomas Krakow arrangierte und der Firma Polster & Pohl organisierte Bildungs- und Kulturreise des Richard-Wagner-Zentrums Mitteldeutschland begaben. Frühling war dort noch nicht, jedoch die Gastfreundschaft der Esten ist sprichwörtlich und das Essen schmeckte überall sündhaft gut. Die Besichtigung des neuen wie des historischen Tallinn beeindruckten, insbesondere die Altstadt, wo es eine Apothekenverkostung gab. Man ist dort stolz auf die Nation und selbst die Kleinsten sind spielerisch mit der Nationalflagge unterwegs.
Krönung war der „Lohengrin“ in der Estnischen Nationaloper, deren Gebäude von 1911/12 nach der sowjetischen Kriegszerstörung von 1944 wieder liebevoll aufgebaut wurde. Die Inszenierung bot Gesprächsstoff für die kommenden Tage. Neu war, dass Elsa von Brabant, die am Ende trotzdem scheitert, in einem Akt des Aufbäumens Ortrud an die Kehle sprang. Und dass der Pöbel, die Lemminge, immer dem Sieger nachläuft und die vielleicht nur temporär Gescheiterten demütigt. Das kennt man. Eine tiefe Verbeugung vor allen Solisten, Heli Jürgenson und seinem Chor und Dirigent Kaspar Mänd mit dem Orchester. Im Haus auffallend viel junges Publikum.
Weiter ging es zur Insel Saaremaa, dt. Ösel, zur Bischofsburg aus dem 13. Jahrhundert in Arensburg, estn. Kuressaare. Über die Ritter des Deutschen Ordens und die historische Entwicklung ist estnische Geschichte bis 1918/19 auch deutsche Geschichte. Auch hier fand im Ersten Weltkrieg das große Schlachten statt. Wir sahen in Poide, einem Ort im Nirgendwo, zuerst die mittelalterliche Wehrkirche, die schrittweise saniert wird. Auf dem Friedhof hatten estnische Studenten 1997 einen Gedenkstein auf dem ehemaligen Grab des Eisenacher Schriftstellers Walter Flex gesetzt. Heute totgeschwiegen und vergessen, berührte er mit der literarischen Verarbeitung seiner Kriegserlebnisse zwei Generationen jener Zeit und begründete eine Literaturströmung, der Ernst Jünger, Ludwig Renn oder Erich Maria Remarque folgten.
Beeindruckend auch die Bischofsburg von Arensburg, heute Kuressaare. Sehr nachdenklich machte die Führung gerade beim Trauma der Esten, den sowjetischen Besetzungen 1939/40 und 1945. Leid macht nicht vor Grenzen halt. Überraschender Eisgang bei der Überfahrt begleitete unseren Weg in das historische Dorpat, das heutige Tartu. Dessen überregional bedeutende Universität wurde 1632 von Schwedenkönig Gustav II. Adolf gegründet. Sie ist tragende Säule der Kulturhauptstadt Europas 2024. Reisen bildet eben und Tartu begeistert. Am besten mit Reiseleiterin Tiina Auling.
Fotos: Thomas Krakow, Petra Weniger, Jörg Pütz, Tiina Auling
mehr BilderIch glaube an Gott, Mozart und Beethoven
„Richard Wagner in Mitteldeutschland“ in der Merseburger Stadtbibliothek
Obiges Zitat gehört in die Merseburger Nachbarschaft, denn Wagner soll es dem Theaterdirekor Bethmann im wenige Kilometer entfernten Bad Lauchstädt entgegengeschleudert haben. Beide Orte liegen in der Mitte Mitteldeutschlands. Der Vortrag über Richard Wagner und die Vorstellung des 2013 erschienenen Tex-Bild-Bandes über die Wagner-Orte in Mitteldeutschland und die Bedeutung der gesamten Region für den genialen Tonsetzer aus Sachsen war in der Merseburger Stadtbibliothek ein voller Erfolg. Mit viel Bildmaterial und einigen Musikbeispielen brachte Thomas Krakow, Vorsitzender des Richard-Wagner-Zentrums Mitteldeutschland mit Sitz in Merseburg, Richard Wagner näher. Ein Leserbrief in der Mitteldeutschen Zeitung (MZ) zählte sogar „Tratsch“ auf. Bitteschön, dass ist der Kitt, der die unterschiedlichen Interessengruppen zusammenhält. Auf jeden Fall war die Resonanz auch in den Folgetagen beeindruckend.
Leider stand an diesem 13. Februar 2024, dem Todestag des Meisters, kein Buchexemplar zur Übergabe an die Bibliothek zur Verfügung. Beim Verlag lange schon vergriffen, ist das Buch auch beim Mitteldeutschen Wagner-Zentrum schon lange ausverkauft. Dabei hatte Krakow schon die Bestände bei anderen Anbietern aufgekauft, um wartende Interessenten zu befriedigen. Inzwischen werden im Netz für einzelne Exemplare zwischen 45 und 93 Euro (Ladenpreis 29 Euro) verlangt. Den Wucher wollte man nicht zahlen. Da kam der Tipp gerade recht, dass als einzigem Ort im Buch- und Souvenirladen der Historischen Kuranlagen und Goethetheater GmbH Bad Lauchstädt noch einige Bücher lägen. Lutz Brückner vom Freundeskreis Literatur in Merseburg klärte die Finanzierung, kaufte ein Exemplar und übergab es am 22. Februar 2024 an Bibliotheksdirektorin Carola Henke für den Bestand. Das freute auch den dabei anwesenden Autor und Herausgeber Thomas Krakow.
(Abbildung: Wikipedia)
(Foto: B. Linse)
Zum 158. Todestag von Richard Wagners erster Ehefrau
Minna Wagner (geb. Planer) am 25. Januar 1866 in Dresden gestorben
Mit einem Gesteck für ihr Grab auf dem Alten Annenfriedhof zu Dresden ehrte unser Verein Richard Wagners erste Ehefrau, praktische Lebenspartnerin, Muse und Inspirationsquelle Wilhelmine „Minna“, geb. Planer an ihrem Todestag.
Sie wurde nur 57 Jahre alt. Lag es an den harten Zeiten, die sie durchmachte, auch mit Richard Wagner? Wilhelmine „Minna“ Planer wurde am 5. September 1809 in Oederan am Erzgebirge in ärmlichen Verhältnissen geboren. Sie erarbeitete sich mit Fleiß, Können und sehr gutem Aussehen einen Stand als anerkannte und begehrte Schauspielerin. Im Herbst 1832 spielte sie am Anhaltischen Hoftheater in Dessau in dem englischen Lustspiel „Richards Wanderleben“ die weibliche Hauptrolle. Ein Omen?
Ende Juli 1834 lernt sie Richard Wagner in Bad Lauchstädt kennen, später lieben, um ihn am 24. November 1836 in Königsberg zu heiraten. Sie durchlebte mit ihm seine Flucht- und Wanderjahre, die finanzielle Not und fühlte sich angekommen, als er in Dresden von 1843 bis 1849 Königlich Sächsischer Hofkapellmeister war. Sie folgte ihm zwar nach dem Maiaufstand 1849 ins Exil aber nicht mehr seinen Wünschen und Ideen. Die Entfremdung wurde immer stärker, bis der mittellose Bonvivant sie spätestens 1858 nach dem Zürcher Wesendonck-Skandal ohne Ehescheidung fallen ließ. Er ging nach Venedig, sie zurück nach Dresden. Dort starb sie, nicht isoliert aber doch vereinsamt, vor 158 Jahren. Ihr Grab befindet sich auf dem Alten Annenfriedhof in Dresden.
Gemeinsame Epiphaniasfeier im Kaiserdom
Dreikönigstreffen mit Bühnenstar Tomasz Konieczny in Merseburg
Ein Dreikönigstreffen gab es auch beim Richard-Wagner-Zentrum Mitteldeutschland in Merseburg. Vereinsvorsitzender Thomas Krakow hatte dazu einen König der Bühne, Bassbariton Tomasz Konieczny, eingeladen. Krakow führte zuerst die angereisten Teilnehmer zur nachgeholten Vereinsweihnachtsfeier samt Ehrengast in die Geschichte Merseburgs und seines Kaiserdoms ein und machte eine kurze Führung durch das Gotteshaus.
Mit kurzerfristiger aber durchaus lohnenswerter Planänderung nahm man dann am „Orgelklang zum Epiphaniasfest“ teil, musikalisch gestaltet von Domorganist Michael Schönheit an dem 170 Jahre alten Meisterstück des Weißenfelser Orgelbaumeisters Friedrich Ladegast, ein Juwel unter dessen Schöpfungen. An der Viola Schönheits Gattin Katharina Dargel. Musik von Nils Gade, Hans Hiller und Johann Sebastian Bach schafften die Stimmung zu diesem Tag, an dem es dann an der Kaffeetafel natürlich um Richard Wagner ging. Tomasz Konieczny und sein mit angereister kaufmännischer Geschäftsführer Rafal Kokot (Beide stammen aus Lodz.) warben mit Leidenschaft und Verve für das im letzten Jahr aus der Taufe gehobene Baltische Opernfestival im polnischen Ostseebadeort Zoppot, das auf eine Tradition bis 1909, als es noch Teil Deutschlands war, zurückblickt und ab 1922 schwerpunktmäßig Werke von Richard Wagner spielte. Beeindruckend dabei die Stimme des Bühnenstars, die den gar nicht so kleinen Raum voll ausfüllte.
Mit welchem Volumen, welcher Strahlkraft die Stimme und das ausdrucksstarke Spieltalent des Sängers einer Opernaufführung Glanz und Tiefe verleihen können, bewies Konieczny als Wotan in Richard Wagners „Die Walküre“ am Folgetag in der Oper Leipzig. Diese Aufführung setzte Maßstäbe, davon war das Publikum schon in den Pausengesprächen überzeugt. Vielleicht die beste Aufführung seit der Premiere im Herbst 2013.
„Musik aus Licht“
Prof. Dr. Eckart Kröplin zum 80. Geburtstag
Seine starkbändigen Publikationen gehören zum unverzichtbaren Bestand der Fachbibliothek im Lohengrinhaus der Richard Wagner Stätten Graupa. Sie künden von einem gewaltigen wie bemerkenswerten Lebenswerk. Wenngleich es nur eine Seite von Eckart Kröplins umfangreichem geistigen Vermächtnis ist. Mit ihnen ist und bleibt er in den Fachbibliotheken Deutschlands und darüber hinaus präsent. Dabei lässt sich sein Wissen und Wirken keinesfalls auf Richard Wagner begrenzen, sondern er gilt als derzeitiger Nestor der Dresdner Musikwissenschaft. Während der inhaltlichen Aufbauphase der Richard-Wagner-Stätten Graupa für die Dauerausstellung im Jagdschloss stellte er sich dem Museumsteam unter Katja Pinzer-Hennig und externen Fachkräften wie Michael Hurshell und Dr. Reiner Zimmermann, zwei weitere Wagner-Experten, mit Rat und Tat zur Verfügung. Nach der Eröffnung des Hauses im Wagner-Jubiläumsjahr 2013 steuerte er einige hochinteressante Fachvorträge bei.
Diese Verbindungen mit Eckart Kröplin gehen weiter zurück: Bereits in den 90er Jahren richtete er im Lohengrinhaus eine Musikkonferenz aus. 2011 war er Referent bei der internationalen Tagung „Richard Wagner und das Motiv der Suche“. Er hat immer etwas Bedeutsames zu sagen und in der Fachwelt beizusteuern. Dabei tritt er sachkundig, korrekt und äußerlich bescheiden auf. Alles Gesagte und Geschriebene bürgt für Richtigkeit und Wahrhaftigkeit.
Geboren am 25.11.1943 in Greifswald, machte er sich an der Seite seines sehr versierten Vaters Karl-Heinz Kröplin frühzeitig auf in die Welt der Musik-, Kunst-, Theater- und Kulturgeschichte. Dabei war von beiden Kröplins der berufliche Zielpunkt immer das Musiktheater, die schöpferische Umsetzung des gewaltigen europäischen Kulturerbes und des Gegenwartsschaffens auf der Bühne. Als szenischer Darstellungswert für die fortschreitende Gegenwart, für uns heute. Nach dem Studium der Musikwissenschaft an der Universität Leipzig war Eckart Kröplin als Lektor bei Breitkopf & Härtel/Deutscher Verlag für Musik in Leipzig tätig; dort 1982 Professur für Theorie und Geschichte des Musiktheaters an der Theaterhochschule, ab 1984 Chefdramaturg an der Semperoper Dresden, später Dramaturg an verschiedenen Theatern in Sachsen und Thüringen (u.a. am Theater Rudolstadt mit dem Versuch einer Renaissance des Opernwerkes von Siegfried Wagner). Er war zudem Gastdozent im In- und Ausland und wurde darüber hinaus mit zahlreichen fachwissenschaftlichen Publikationen bekannt.
Kehren wir zum Schluss zu der stetig wachsenden, inzwischen mehr als 1500 Buchpositionen umfassenden Wagner-Bibliothek im Lohengrinhaus zurück. Eckart Kröplins Erörterung „Richard Wagner. Theatralisches Leben und lebendiges Theater“ von 1989 bereicherte als erste seiner Publikationen den Bibliotheksbestand. Zu den vorhandenen Werken zählen auch seine in jüngerer Zeit erschienen Veröffentlichungen. In der 2005 begonnenen Reihe „wagnerspectrum“ und der seit 2014 lose herausgegebenen Reihe „Wagner in der Diskussion“ findet sich mit Aufsätzen u.a. zu dem brisanten Thema „Wagner und der Kommunismus“, eine faktenreiche, ganz sachliche und dadurch überzeugende Darstellung des immer revolutionär gebliebenen Richard Wagner.
Ebenso gewinnbringend ist die mehrbändige Darstellung „Musik aus Licht“ – eine Retrospektive der gesamten so genannten abendländischen Kunst und Kultur, Musik und Literatur aufgrund der Faktenfülle und akribisch recherchierter Textquellen. War und ist die Wagner-Chronik (1983) von Karl-Heinz Kröplin ein gern genutztes Standardwerk für den schnellen Gebrauch, erweist sich dieses monumentale Kompendium als umfassende Fundgrube biografischer Details auf dem gegenwärtigen Forschungsstand.
Alles hier nur kurz Genannte beinhaltet das kaum überschaubar große Feld, das Kröplin mit Ausdauer und Sachverstand bewältigt hat. Diese Bücherbände allein bedeuten schon eine gewaltige Lebensleistung! Eine unbedingte Empfehlung, einsehbar in jeder gut sortierten Bibliothek und eben auch im authentischen Graupaer Wohnort Wagners.
Wir gratulieren Eckart Kröplin an dieser Stelle zu seinem hohen Ehrentag und wünschen weiterhin alles erdenklich Gute.
Christian Mühne/Katja Pinzer-Hennig
„Tannhäuser“ in Mährisch-Ostrau
Vereinsreise zu Richard Wagner in eine vergessene Kulturlandschaft
Überall Wagner. Auf dem Vorhang, im gründerzeitlich überladenen Kabuff der Venus, selbst die Figur des Tannhäuser kam zwei Aufzüge lang als das Abbild des Meisters daher. Und aus dem Schnürboden hing zur Ortsbestimmung das Autoemblem des DDR-Wartburg 311 mit dem Schriftzug Wartburg. Alles passend zusammengefügt zu einem Rahmen, der bestens zur Handlung der Oper „Tannhäuser“ passt und diese illustriert. Die Figuren und Kostüme sind mit Bedacht gewählt und Regisseur Jiri Nekvasil lässt inhaltlich keine Fragen offen. Den Rest erledigen ein bestens aufgelegtes Orchester unter der Stabführung von Adam Sedlicky, die glänzenden Solisten und der grandios intonierende und stimmig erscheinende Chor. Die betörende wie betäubende Musik Richard Wagners verbindet alles zu einem logisch strukturierten Gesamtkunstwerk. Mit einem Augenzwinkern kamen Moral erhobener Zeigefinger daher.
Das Hotel Imperial in Ostrau war der ideale Standort, um fußläufig die Aufführung im liebevoll sanierten Mährisch-schlesischen Theater zu besuchen. Es stimmte einfach alles und es sind die kleinen, nicht so bekannten Häuser, die überraschen. Rundum berechtigte Begeisterung bei den Besuchern für den erlebten „Tannhäuser“ als ein Gesamtkunstwerk, in dem auch Richard Wagner und seiner Zeit kritisch gehuldigt wurde.
Mährisch-Schlesien – wo liegt das? In Mitteleuropa! Mährisch-Ostrau (tschechisch: Ostrava) eine von Kohle und Stahl geprägte Industriestadt ist drittgrößte Stadt Tschechiens und wurde wie die Region am Ende des Zweiten Weltkrieges schwer in Mitleidenschaft gezogen, die mit Geschichte, Landschaft und kulturellem Reichtum gesegnet beeindruckte. Sachsen-Teschen, das Hultschiner Ländchen und das Herzogtum Troppau hatten Geschichte gemacht, haben eine gute Gegenwart und müssen um die Zukunft nicht bangen. In ihrer Weisheit haben die Tschechen bis heute nicht den Euro eingeführt und setzen auf ihre sehr stabile Krone.
Dieser vom Preußenkönig Friedrich II. bei der Inbesitznahme des Landes vergessene Teil Schlesiens blieb bis 1918 durch die österreichischen Habsburger geprägt, war nach dem Ersten und auch Zweiten Weltkrieg Zankapfel zwischen Polen und der Tschechoslowakei und befindet sich heute im positiven Strukturwandel. Was der Zweite Weltkrieg nicht zerstörte und heute saniert oder restauriert ist, zeigt eine nicht geahnte Pracht. Der Reichtum aus Kohle und Stahl zeigt sich in den prächtigen Theaterbauten in Ostrau und Troppau (tschechisch: Opava). Beide sind jeden Besuch wert, auch das am Rande Troppaus gelegene Eichendorff-Schloss Krawarn mit seinem traumhaft schönen Park. Wir hörten und sahen viel. Dazu kamen die alte im letzten Krieg nicht zerstörte Bischofsstadt Olmütz und Iglau, wo der Komponist Gustav Mahler aufwuchs und entscheidende Prägungen erhielt. Die in der Diktion und bestem Deutsch perfekte Führung im Mahler-Haus von Iglau war dann die Krönung. Dieses Schnuppern und kurze Kennenlernen forderte förmlich zum nochmaligen Besuch auf.
Fotos: Petra und Ernesto Weniger, Dr. Robert Rohrberg, Heike Budde, Thomas Krakow
mehr BilderWiedersehen mit finnischem Wagner-Stipendiaten Jussi Juola an der Warnow
Vereinsmitglieder besuchen 1. Philharmonisches Konzert der Saison in Rostock
FEUERZAUBER war der Titel des Konzerts, das an drei Tagen in Rostock gegeben wurde. Einige Mitglieder unseres Zentrums hatten sich für den Besuch entschieden. Mecklenburg-Vorpommerns einzige Großstadt lockte mit einem besonderen Aufführungsort. Das Konzert fand in einer der wenigen noch existierenden Hallen der renommierten Warnow-Werft statt, nach der deutschen Einheit vor 33 Jahren erst in der Dauerkrise und nun längst abgewickelt und abgerissen. Ein spezieller Ort, der mit seinem Ambiente Atmosphäre schuf, die im viel zu kleinen Volkstheater, Dauerinterim seit der Kriegszerstörung des bürgerlichen Prachtbaus am Steintor 1942, gar nicht hätte aufkommen können. Und es wurde Spitzenklasse geboten. Das verstärkte Rostocker Orchester hatte sich Sänger eingeladen, mit denen es den 1. Aufzug sowie am Ende Wotans Abschied und Feuerzauber aus „Die Walküre“ von Richard Wagner bot und dazwischen – clever eingewebt – mit einem genialen Übergang von Arnold Schönbergs op. 34 „Begleitmusik zu einer Lichspielszene“ zu Wotans Abscheid. Fehlte einem zuvor der Glaube, so überzeugte GMD Marcus Bosch mit seinen Philharmonikern vom so überraschenden wie reibungslosen Verschmelzen zu einem Gesamtkunstwerk. Das Publikum war so übermannt wie begeistert und spendete heftigen Applaus. Natürlich und vor allem auch für die Sänger. Der Chilene León de la Guardia, Typ Latin Lover par excellence, der ein wenig an den jungen Jonas Kaufmann erinnerte, legte einen geschmeidigen Siegmund mit einem formidablen Wälseruf auf und bot mit Manuela Uhl „Winterstürme“, die nichts zu wünschen übrig ließen. Uhl gab eine mitfühlende, sensible und emotional ergriffene Sieglinde. Paul Gay, dessen signalrote Hose den Feuerzauber noch unterstrich, ließ Wotans Abscheid tief unter die Haut gehen. In dieser Werkshalle klang das „norddeutsche Bayreuth“ an, wie Rostock mit seinem Theater einmal genannt wurde. Leider verschweigt das gehaltvolle Programmheft dazu das Jahr 1933, als ausgerechnet in Rostock das wiederentdeckte Fragment von Wagners erster Oper „Die Hochzeit“, uraufgeführt wurde. Erfreulich war die Wiederbegegnung mit dem exzellenten Hunding – dem Finnen Jussi Juola. Der Bassbariton ist seit 2020 am Volkstheater fest angestellt und war 2019 als Stipendiat des Richard-Wagner-Verbandes Leipzig bei den Bayreuther Festspielen. Der letzte Jahrgang, an dem unser Vorsitzender Thomas Krakow noch in seiner alten Funktion als Vorsitzender des RWV Leipzig beteiligt war.
Muttergedenken, Vereinsvorstellung und Großes Abendkonzert
Das war ein volles Programm für unseren Vereinsvorsitzenden Thomas Krakow am 10. September 2023. Deutschlandweit war, wie an jedem zweiten Wochenende im September, der Tag des offenen Denkmals, an dem traditionell viele Kultur- und Geschichtsinteressierte unterwegs sind. Das wurde genutzt, um unseren Verein in Merseburg und für Besucher von außerhalb vorzustellen.
Und das kam an. Die weitesten Besucher kamen aus Sondershausen aber auch Gäste aus Leuna oder Merseburg informierten sich. Gefreut hatten wir uns, Besuch aus dem Nachbar-Wagnerort Ermlitz begrüßen zu können. Frau Gabriela Mackenthun, Schlossherrin auf Gut Ermlitz, wo Richard Wagner – und nicht nur er – einen erholsamen wie inspirierenden Musenhof gefunden hatte, schaute einmal bei den „Nachbarn“ in Merseburg herein.
Während Schatzmeisterin Simone Rudolph unnd Öffentlichkeitschefin Winifred König gemeinsam mit den Mitgliedern Dr. Barbara Linse und Dr. Dieter Reiche die Stellung hielten, konnte Vorsitzender Thomas Krakow einen Abstecher in die 16 Kilometer entfernte Nachbarresidenzstadt Weißenfels unternehmen. Denn nach dem Besuch in der Geschäftsstelle wollten die ausländischen Besucherinnen Bernadette Feisst aus Zürich und Katharina Milanollo aus Linz gemeinsam mit Krakow und einem Blumenstrauß Richard Wagners Mutter Johanna Rosina an ihrem Geburtsort ehren, denn deren Geburtstag wäre am Vortag gewesen. Krakow nutzte gleich die Gelegenheit, den beiden Damen das Haus zu zeigen, in dem der große Wagnerbiograf Martin Gregor-Dellin Kindheit und Jugend verbracht hatte, ebenso das Wohn- und Sterbehaus und das Grab von Novalis, des Dichters der blauen Blume.
Am Abend besuchten alle sowie weitere Vereinsmitglieder das große Abendkonzert während der tagszuvor eröffneten Merseburger Orgeltage im 1002 Jahre alten Kaiserdom, das dem 150. Geburtstag des Komponisten und Organisten Max Reger gewidmet war. Neben Bach, Brahms, Liszt und natürlich Reger wurde auch das Vorspiel zu „Parsifal“ von Richard Wagner gegeben. Merseburg und die Region lebten im großen Stil Musik.
Fotos: RWZM
Keine Sorge um den Nachwuchs
Bayreuth-Stipendiat leitet SommerMusikAkademie Schloss Hundisburg (Sachsen-Anhalt)
Nichts ist Zufall. Unseren Vorsitzenden Thomas Krakow, damals Vorsitzender des Richard-Wagner-Verbandes Leipzig, erreichte 2018 vom RWV Weimar die späte Bitte, einen Spitzenstudenten als Stipendiaten für die Bayreuther Festspiele zu übernehmen. Das eigene Stipendium war schon vergeben. Krakow hatte in seinem Verband bereits die Finanzierung von acht Stipendien abgesichert, da sollte auch ein neuntes möglich sein. Dr. Christiane Meine, eine Mäzenin, die dem Verband schon oft Gutes getan hatte, sprang in die Bresche. Krakow fuhr also mit neun Stipendiaten, darunter jenem Friedrich Praetorius aus Witttenberg, der in Leipzig Thomasschüler war und nun in Weimar zeigte, dass er noch viel im Leben vorhatte, nach Bayreuth. Thomas Krakow ließ es sich mit Vorstandsmitglied Winifred König und eben jener etwas kamerascheuen Mäzenin nicht nehmen, Friedrich Praetorius beim Abschlusskonzert der SommerMusikAkademie am 5. August 2023 im Schloss Hundisburg zu erleben. Anwesend war auch Prof. Rolf-Dieter Arens, Gründer dieser SommerMusikAkademie, ehemaliger Rektor der Weimarer Musikhochschule „Franz Liszt“ und Präsident der Kulturstiftung Leipzig, der Praetorius beim Abschluss seines ersten eigenen Jahrgangs begleitete. Es fand in der Konzertscheune des Barockschlosses Hundisburg statt. Der Prachtbau war 1945 von den „Befreiern“ von seiner Unversehrtheit befreit worden und abgebrannt, der barocke Park bis Anfang der neunziger Jahre als Fußballplatz und Kleingartenanlage genutzt. Er ist heute wieder hergestellt und eines der besten Beispiele für Sachsen-Anhalts „Gartenträume“. Die Akademie ist eines der vielen Enagegements von Friedrich Praetorius, dessen berufliche Zukunft ab der Saison 2024/25 als 2. Kapellmeister an der Deutschen Oper Berlin liegt.
Wie zufällig hingeworfen liegt die Landschaft am Übergang von Magdeburger Börde und Altmark. Ein wenig wie Mecklenburg, nur dass die Prachtbauten der Norddeutschen Backsteingotik weiter nördlich in Tangermünde, Stendal, Salzwedel, Seehausen oder Werben von der großen Zeit der Hansestädte künden und den Großen jener Zeit. In Walbeck am Lappwald, ist der Geburtsort eines ihrer bedeutendsten Chronisten, des berühmten Thietmar von Merseburg. Es war für uns eine Verpflichtung, diesen Ort auf der Straße der Romanik zu besuchen. Hier lebte zuletzt auch der deutsche Schauspieler Ulrich Mühe und fand nach schwerer Krankheit seine letzte Ruhestätte. Geschichte eben.
Mit dem Kahn durch Getreidefelder zum „Fliegenden Holländer“ an der Ostsee
Gelungene Vereinsreise nach Danzig, Zoppot, Elbing und zur Norddeutschen Backsteingotik
Sie haben schon etwas hinterlassen, die Ritter vom Deutschen Orden, in den Jahhunderten, seitdem sie der polnische Herzog von Masowien zu Hilfe rief im Kampf gegen die heidnischen Pruzzen, die dem Land mit Preußen seinen Namen gaben. Gewaltige Burgen, Kirchen, auch Rathäuser zeugen von dieser großen Zeit. Und auch wenn im Zweiten Weltkrieg und danach viel verloren ging, so ist doch dank einer konservativen Haltung zu den Zeugnissen der Geschichte und des Fleißes von Bau- und Kunsthandwerkern sehr viel von der deutschen Geschichte erhalten geblieben oder wieder hergestellt worden im 1945 Polen zugeschlagenen Teil Ostdeutschlands. Im nun russischen Teil Ostpreußens stellt sich das ganz anders dar. Wir waren in Bromberg, Marienwerder, Frauenburg und im gößten Juwel, in Thorn und haben die Marienburg fotografiert. Wir haben in Elbing gesehen, wie später aber um so mehr gelungener Wiederaufbau einer völlig zerstörten Stadt gelingen kann. Hier, wo Richard Wagner im Sommer 1837 erst einmal strandete, als er seiner geflohenen Frau Minna nachreiste und zur Geldbeschaffung nach Königsberg zurückkehren musste. Und wir haben Danzig bewohnt, genossen und in uns aufgesaugt, diese Hanseperle an der Mottlau. Dabei war die Weichsel immer unser Begleiter, die wir mehrfach überquerten. Größtes Staunen löste aber der Oberländische Kanal aus, den zu bauen die preußische Regierung ab 1840 genehmigte und auf dem wir – scheinbar – die Getreidefelder „durchpflügten“. Ein Meisterwerk ingenieurtechnischer Raffinesse und Baukunst zur Schaffung von Wasserwegen.
Anlass der Reise war aber der Besuch des einstmals und teilweise wieder mondänen Ostseebades Zoppot (poln. Sopot), um in der legendären Waldoper (Opera lesna) eine Neuinszenierung von „Der fliegende Holländer“ gemeinsam mit weiteren 4.500 Besuchern zu erleben. Hier gab es Gewinner und Verlierer. GEWINNER waren die Baltische Oper Danzig, die Künstler vom Orchester unter der Stabführung von Maestro Marek Janowski über den Chor und die Solisten, der Künstlerische Leiter und Spiritus rector dieses außergewöhnlichen Spektakels, Bassbariton Tomasz Konieczny, die Stadt Zoppot und die ganze Region. Der größte Gewinner war aber das Publikum dieses musikalischen Ereignisses. Radio Klassik Stephansdom Wien titelte zurecht „Das Wunder von Sopot“. Dort hatte Konieczny zuvor in einer Sendung dafür geworben. Da hatten wir auch ohne persönliche Einladung unser Reiseangebot schon längst im Umlauf. Bei der Wiederbelebung einer mehr als hundertjährigen Tradition wollten wir als Wagner-Verein nicht fehlen. Und das war jede Reise wert, allein schon wegen der Haupt-Rolle, die der wirksam in Szene gesetzte Wald als Teil der Bühnendekoration einnahm. Das schuf Atmosphäre und zeigte beim Publikum Wirkung. Apropos Publikum.
VERLIERER sind alle, die sich dieses Ereignis entgehen ließen. Wir hörten wenig Deutsch und von den Richard-Wagner-Verbänden, gerade den deutschen, fehlte jede Spur. Polen ist unser Nachbarland, die Straßen und Autobahnen sind im Bestzustand, der sanierte Bahnhof von Danzig pompös und einen Flughafen gibt es auch. Der Ort ist gut zu erreichen und liegt noch dazu an der Ostsee. Als ehemals zu Deutschland gehörig atmet es an an allen Ecken deutsche Geschichte und Tradition, die eine wunderbare Symbiose mit der polnischen Gegenwart eingehen. Deutsche oder österreichische Sänger wie Ricarda Merbeth, Stefan Vinke und Franz Hawlata haben das erlebt. Einen herzlichen Dank dem polnischen Wagner-Sänger und Wagnerianer Tomasz Konieczny für seinen langen Atem, der mit großem Erfolg gekrönt wurde. Der dritte deutsche (heute polnische) Badeort nach Heiligendamm und Kolberg krönte das Jubiläum seines 200-jährigen Bestehens mit diesem Ereignis in der 1909 erstmals bespielten Waldoper, wo ab 1922 Wagner dominierte. Wir waren dabei. Unvergessen bleibt aber auch das Orgelkonzert in der Kathedralkirche zu Frauenburg (Frombork). Sollte es, und danach sieht es aus, eine Fortsetzung in der Waldoper geben, sind wir wieder dabei.
Fotos: Dr. Wolfgang Kubak
15. Juni 2023 – Ring des Nibelungen oder Ring-Heiligtum Pömmelte? Parlamentsgespräch im Ständehaus zu Merseburg
WAGNER-STERNSTUNDE bei den Dresdner Musikfestspielen
Unser Kritiker beendet seinen Bericht so: „Selten war der – gerade im „Rheingold“ so hinreißend witzige – Text so verständlich und rhetorisch pointiert zu hören. Aber wird auch die Lyrik der „Walküre“ mit dem historischen Apparat überzeugen? Vielleicht wächst die Imaginationskraft unter Hörern wieder neu heran, wenn sie sich den dezenteren Farben solchen historischen Klangs öffnen. Das wäre doch ein nachhaltiger Gewinn.“ Mehr wollen wir dazu nicht verraten, denn wen es wirklich interessiert, der hätte sich diese fast schon einmalige Gelegenheit nicht entgehen lassen. Ein Werkstattkonzert im Albertinum führte v. a. wunderbar in den Gesang der Wagner-Zeit ein. Im Kulturpalast führte eine durchdachte Ausstellung in das Beziehungsgefüge Wagner-Dresden Ring ein. Die Vortragsreihe war ausgesprochen informativ und sehr gut besucht. Nachteilig wirkte sich im letzten Beitrag aus, dass die beiden Vertreter der Universität Bayreuth durch völlig deplatziertes Gendern der doch schon sehr beanspruchten Konzentrationsfähigkeit der Zuhörer heftig zusetzten. Gerade bei den Hochschulen scheint die realitätsferne Ideologie des Genderns der Wissensvermittlung und Befähigung zu wissenschaftlicher Arbeit den Rang abzulaufen. Aber dann das konzertante „Rheingold“ von Dresdner Festspielorchester, Concerto Köln und exzellenten Solisten unter der Stabführung von Kent Nagano. Welch ein Erlebnis. Unser Zentrum war ganztägig mit seinem Informationsstand vertreten. Freuen wir uns auf den Mai 2024.
RICHARD WAGNERS 210. Geburtstag
Geburtstagsfeiern am 21. Mai 2023 in Graupa und am Denkmal im Liebethaler Grund
Sie weiß, dass Dresden nur in der Symbiose mit seinem landschaftlich reizvollen und kulturhistorisch bedeutsamen Umland diese überragende Bedeutung hat, denn Impressionen – nicht nur für die Maler – und Kraftquellen sind ein Pfund, mit dem man wuchern kann. Deshalb war auch Dresdens Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch als Ehrengast in den Liebthaler Grund gekommen, um im Auftrag von Oberbürgermeister Dirk Hilbert ein Grußwort zu sprechen. Wie auch unser Vorsitzender Thomas Krakow oder Lorenz Degen, Vorstandsmitglied der Schweizerischen Richard-Wagner-Gesellschaft. Vermisst wurden Vertreter der lokalen und regionalen Vereine mit Wagnerbezug, als Hermann Häse, Visionär und Investor an der Lochmühle am Beginn des berühmten Malerweges den 90. Geburtstag des weltweit größten Wagner-Denkmals feierte und feiern ließ. Das war am 21. Mai 1933 mit 20 Jahren Verspätung, und eigentlich für Dresden gedacht, hier eingeweiht worden, wo Wagner 1846 urlaubte. Lokale Politiker, Vertreter der regionalen Tourismusorganisationen und über 200 Gäste feierten bei viel Musik mit ihm. Wahn, Wahn, Wahn?! Ja, was denn sonst, wenn es um Wagners Gesamtkunstwerk geht. Es war ganz nah bei den Menschen und denen hat es gefallen. Und wieder hatte er Geburtstag, Richard Wagner, der Sachse, der am 22. Mai 1813 in Leipzig geboren wurde und mit fast 20 Jahren die längste Lebenszeit an einem Ort in Dresden verbrachte. Davon 1846 elf Wochen in Groß-Graupe, wo er statt Urlaub zu machen, die Zeit für die Arbeit an seinem LOHENGRIN nutzte. Dort, am Lohengrin-Haus, bespielten die Richard-Wagner-Stätten mit viel Musik, Kaffee und Kuchen und Kinderprogramm die schon traditionelle Wagner-Wiese. Dort wurde einen Tag vor seinem Geburtstag des Meisters gedacht und danach bei einem Sektempfang im Jagdschloss der Tatsache, dass die Richard-Wagner-Stätten Graupa selbst inzwischen 10 Jahre in dieser Form bestehen. Doch vorher hatten Vertreter des Förderkreises der Richard-Wagner-Stätten Graupa, des Richard-Wagner-Verbandes Dresden und unseres Richard-Wagner-Zentrums Mitteldeutschland am kleinen Denkmal nahe des Schlosses Richard Wagner Blumen dargebracht.
Catherine Foster, Thomas Krakow
Weltstar Catherine Foster beim Richard-Wagner-Zentrum Mitteldeutschland BERUFUNG, INTUITION und SOUVERÄNITÄT
Himmelfahrtstag, 18. Mai 2023 in Magdala. Genau 174 Jahre zurvor trifft Richard Wagner auf der Flucht vor der kursäschsichen Polizei nach dem Umsturzversuch in Dresden in Weimar ein. Sein Freund Hofkapellmeister Franz Liszt muss ihn außerhalb von Weimar verstecken, erst eine Nacht in Niederzimmern, dann vom 19. bis 24. Mai bei Ökonomierat Julius Wernsdorf in Magdala. In der nahen Kirche St. Johannis schlägt er manchmal die neue Poppe-Orgel, schaut dem Volk im Ort aufs Maul und begeht mit seiner nachgereisten Frau Minna in aller Stille seinen 36. Geburtstag. Und nun ein Künstlergespräch mit einem Weltstar, Wagner-Sängerin Catherine Foster, in gleicher kleinen Kirche.
„Ich komme aus Nottingham – Robin-Hood-Land – und da ist es ganz gut.“ Das war die Antwort auf die Frage nach der Herkunft, die die hochdramatische Wagner-Sängerin Catherine Foster unserem Vereinsvorsitzenden Thomas Krakow als Moderator und Gesprächsführer gab. Nottingham, Birmingham, Manchester, London. Und nun Weimar als vorläufiger Endpunkt, wo ihre Tochter aufwuchs, sie mit ihrem 2017 nachgezogenen Mann ein Haus kaufte, auch weil sie heimisch geworden war. Anekdote um Anekdote floss aus ihrem Mund und die selbstbewusste Leutseligkeit der derzeit wohl weltbesten Brünnhilde und der zwischen Madrid und Cottbus, ja Cottbus!, schwebenden besten Isolde, beeindruckte das Publikum in der gut besuchten St. Johannis-Kirche zu Magdala. Den Inhalt des hochinteressanten Gesprächs an diesem unterhaltsamen Nachmittag kennen die, die sich den Besuch in dieser kleinen anheimelnden Kirche gönnten. Deren Kirchengemeinde war Partner unserer Veranstaltung, ebenso wie der Richard-Wagner-Verband Weimar, dessen Vorsitzender Stefan Wolf bei der Gelegenheit das diesjährige Stipendium für die Bayreuther Festspiele an Tom Adler von der Weimarer Hochschule für Musik „Franz Liszt“ überreichte. Gerade den Masterstudiengang für Historische Musikwissenschaft absolvierend, begleitete Adler die Veranstaltung musikalisch mit teilweise selbst bearbeiteten Stücken aus Wagners Oper „Lohengrin“. Was denn sonst, wo doch nebenan in Weimar Franz Liszt am 28. August 1850 die Uraufführung dirigierte?! Zufrieden waren am Ende alle.
Cosima Wagner auf der Leipziger Buchmesse 2023
Unser Zentrum mit Sabine Zurmühl auf Lesetour in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen
Interessant war es und lehrreich dazu, wenn man mit Autorin, Journalistin, Publizistin und Feministin Sabine Zurmühl ihren Blick auf Cosima Wagner teilt und ihr Buch der Leserschaft in den drei mitteldeutschen Bundesländern näherbringen will. Krönender Abschluss war am 28. April 2023 die sehr gut besuchte Lesung auf der Leipziger Buchmesse. In der Geburtsstadt Richard Wagners gab es auch das negative Erlebnis. Ein Frauenverein lehnte eine Lesung über Cosima Wagner ab. „Die passt nicht zu uns.“ Toleranz geht anders. Und das bewiesen die Auftritte in Merseburg (Mitteldeutsches Richard-Wagner-Zentrum), Naumburg (Nietzsche-Dokumentationszentrum), Graupa (Richard-Wagner-Stätten), Magdeburg (Theater und Wagner-Verband), Weimar (Thalia-Buchhandlung und Wagner-Verband) sowie Dessau (Theater und Wagner-Verband). Lob und Dank allen, die vorort und seitens unseres Vereins daran mitwirkten. Eine zweite Lesereihe plant unser Zentrum im Herbst. Dieses außergewöhnliche Buch ist es einfach wert, die Runde im Wagner-Land zu machen. Und, was wäre Richard ohne Cosima gewesen? Das galt auch schon bei seiner ersten Frau Minna. Nur die Notwendigkeiten und Gegebenheiten waren andere.
EX ORIENTE LUX
Richard Wagners Spuren in Böhmen und Mähren
Sich mal etwas trauen, neugierig sein, ausgetretene Pfade verlassen, Neues entdecken – das war die Motivation unserer Reisegruppe von 49 Personen nach Böhmen und Mähren. Immer getreu dem Motto „Wegen Wagner fahren und vieles mehr dabei kennen lernen“. Also ging es auf nach Brünn (Mähren) und zurück über Prag (Böhmen), das auch gesamtschechische Hauptstadt ist. Das ist für den Laien alles schwer auseinanderzuhalten und der schlesische Landesteil ist noch nicht einmal dabei. Grund genug für den Historiker und Vereinsvorsitzenden Thomas Krakow, seinem Affen Zucker zu geben und tief in die Geschichte des Großmährischen Reiches, des Königreichs Böhmen und des heutigen Tschechien einzutauchen, die untrennbar mit der deutschen, österreichischen und slowakischen Geschichte verbunden ist. Petrus hatte dabei ein Einsehen und unterbrach bei 22 °C den Spätwinter. Wie geplant gab es den „Fliegenden Holländer“ in der Prager Staatsoper und Bruckners Vierte im Brünner Janacek-Theater. Die Bibliothek im Prämonstratenser-Kloster Strahov in Prag ist ein einziges Kunstwerk wie Geschichtsbuch. Neu, überraschend und staunenswert waren das immer noch ruinöse aber gerettete Schloß Pravonin „acht Meilen westwärts von Prag“, wie Richard schrieb. Kaum vorzustellen, wie da ein vermeintliches Techtelmechtel mit Jennny und Auguste Reimann, Stieftöchter des Grafen Pachta auf Pravonin ausgesehen hat. Für viele überraschend waren die gigantischen Bilder des „Slawischen Epos“ von Alfons Mucha in Mährisch Krumau (Moravsky Krumlov). Mucha stammte aus der Gegend und die dargestellte Geschichte der Slawen erzählt vieles, was der gemeine Deutsche nie gehört hat. Die Bilder sind Ausdruck eines erwachenden slawischen Selbstverständnisses sowie Nationalstolz und Nationalbewusstsein. Was Mucha bekannt und berühmt gemacht hat, bilden sie aber kaum ab, den Jugendstil. Der Empfang im Neuen Rathaus von Brünn durch den ehemaligen stellvertretenden Oberbürgermeister Oliver Pospisil – heute Verwaltungsdirektor – war eine große Ehre. Dank gilt ihm und Kollegen Robert Kudelka, dessen Freundschaft und Kollegialität fast beschämt. Mit der Villa Tugendhat von Mies van der Rohe staunten wir nicht nur über Weltklasse im Bauhausstil. Angesichts des Luxus, der hier während der Weltwirtschaftskrise 1929/30 für immense Kosten entstand, musste aber auch die Frage gestellt werden, wie weit Stil und Klasse im Bauen und Gestalten mit Geschmacklosigkeit im Handeln einhergehen können angesichts der Zeit und des sozialen Umfeldes, als nur 28 % der Stadtbevölkerung Zugang zu fließendem Wasser hatten. Alles hängt immer mit allem zusammen. Höhepunkt der Reise, und da waren sich alle einig, war aber das Orgelanspiel von Brünns Domorganist Petr Kolař in St. Peter u. Paul, das unter die Haut ging. Auch hier Robert Kudelka von der Abteilung Internationales beim Magistrat herzlichen Dank für die Vermittlung. Neben Janacek, Dvorak u.a. wurden als Referenz an Merseburg Franz Liszts Variationen über B A C H geboten. Traumhaft.
mehr BilderAuftakt in Merseburg: Unser Zentrum stellt sich im Kino vor
Der Termin war maßgeschneidert. Am 18. März 2023 fand auch im Domstadtkino Merseburg die Übertragung von Richard Wagners „Lohengrin“ aus der Metropolitan Opera New York statt.
Geschäftsführer Ulrich Jacobi hatte unseren Vorsitzenden Thomas Krakow eingeladen, in der Pause über Richard Wagner in Mitteldeutschland zu sprechen. Das Kino war sehr gut besucht und beim Vortrag reichten die Stühle nicht aus. Dass Merseburgs Bürgermeister Bellay Gatzlaff und Kulturamtsleiter Martin Wolter die Vorstellung besuchten, demonstrierte ihre Wertschätzung.
aus Bayreuth
13. Februar 2023 –
Wagner-Gedenken unseres Vereins am Grab in Bayreuth
Wo gedenkt man seiner teuren Toten? Natürlich zu Hause, am eigenen Ort, wo man die meisten Menschen sensibilisieren und Öffentlichkeit erreichen kann. Da das an dem Ort mit dem Grab Richard Wagners aus der Mode gekommen zu sein scheint, nutzten wir die Gelegenheit als dezentraler Verein, es am 140. Todestag dort zu tun.
Unser Vereinsvorsitzender Thomas Krakow sowie der Vorsitzende des Richard-Wagner-Verbands Dresden, Klaus Weinhold nebst Gattin hielten am Grab Richard Wagners inne. Freund Dr. Frank Piontek fand wie zuvor die passenden Worte und erinnerte auch an die dramatische Wendung, dass die Herausgabe der Briefe Richard Wagners in der nun letzten Phase wegen auslaufender finanzieller Unterstützung abgebrochen werden soll. Thomas Krakow ergänzte mit einem Blick in die Geschichte. dass gerade in Zeiten der deutsch-deutschen Teilung und Sprachlosigkeit dieses Projekt 1967 von BRD und DDR gemeinsam auf den Weg gebracht wurde, lokalisiert in Leipzig bis zur deutschen Einheit. Damit würde ein besonderes Projekt der deutschen Geschichte unvollendet dem Vergessen anheim fallen.
Anwesend waren aus Bayreuth Roswitha Fein und Luca Brenk, Student der bayerischen Geschichte, den wir bereits 2022 am Grab getroffen hatten. Beide brachten den Gästen danach die Wagnerzimmer am Schloss Fantaisie auf charmante, sehr gastfreundliche, unterhaltsame und dank Luca Brenk am Klavier auch auf musikalische Weise nahe. Der Besuch dort lohnt und ist jedem Bayreuth-Besucher nur zu empfehlen. Unternehmer Indlekofer aus München hat hier privat ein Stück wagnerscher Familiengeschichte bewahrt, nein gerettet, und der Öffentlichkeit erschlossen. Ohne ihn, ohne Roswitha Fein und Luca Brenk wäre die Erinnerung an den mitteldeutschen Tondichter an seinem Erfüllungsort Bayreuth um vieles ärmer.
Lücken zu füllen ist unser Anliegen. Allerdings ist unser Wirken auf Mitteldeutschland beschränkt. Am Grab des „Meisters“ inn Franken wollten wir aufzeigen, dass die Erinnerung an ihn in seiner Herkunftsregion wach gehalten wird. Auch in Zeiten ohne großes mediales Rampenlicht.
Ring und Ring-Forum in Dresden und Graupa
Die Tage vor Richard Wagners 140. Todestag waren in Dresden und Graupa mit Jubiläen und Superlativen gefüllt. Mit exzellenten begleitenden Veranstaltungen vor allem zum zweiten und damit wohl letzten Ring–Zyklus der Semperoper Dresden mit Christian Thielemann als Chef der Sächsischen Staatskapelle starteten die Richard–Wagner–Stätten Graupa, deren Schirmherr Thielemann von Anbeginn ist, in das zehnte Jahr ihres Bestehens. Und endlich war das sich gegenseitig ergänzende Agieren, wie schon beim Janofski-Ring 2022 der Dresdner Philharmonie bis in die Programmhefte hinein wahrnehmbar. Ein guter Ansatz, der der Bedeutung der Wagnerstätten und ihrem Bemühen um Kenntnisnahme durch die vielen Dresdner Kulturtouristen gerecht wird.
Thielemann, im absoluten Zenit seines Wirkens, machte die beiden sofort ausverkauften Dresdner Ring-Zyklen zum Pilgerziel für Opernenthusiasten aus aller Welt. Dazu bot das Museum in Graupa drei Spezialführungen an, die die aufgewühlten Dresdner Ursprünge der Tetralogie in den Jahren 1848/49 beleuchteten. Vom 25. Januar bis 19. Februar 2023 zeigte es außerdem die Kabinettausstellung „Von der Vision zum Bühnenfestspiel“ mit einzigartigen Dokumenten zur Aufführungsgeschichte des Rings, zusammengestellt vom Weimarer Musikwissenschaftler Stefan Alschner aus der Sammlung des Wagnerenthusiasten Nikolaus Oesterlein. Zum Beispiel zeigte ein originaler Bayreuther Probenplan, dass die unentgeltlich mitwirkenden Musiker im Uraufführungssommer 1876 volle drei Monate in Beschlag genommen wurden. Eine – im originalen Plakatdruck gezeigte – „letzte Bitte“ des Komponisten offerierte den Wunsch: „Bleibt mir gut, Ihr Lieben!“
Alschner selbst zeigte sich bei einer Kuratorenführung am 7. Februar 2023 und damit einem Sonderöffnungstag des Museums anlässlich des Dresdner Rings für alle das Thema betreffenden Fragen offen. Damit war ein weiterer Höhepunkt des Graupaer Ring-Forums eingeläutet. In dem Vortragszyklus „Von Nibelheim nach Auenland?“ betrachteten drei junge und ein erfahrener Musikwissenschaftler Wagners Ring des Nibelungen aus ungewöhnlichen Perspektiven, aufgelockert durch eine Klavierimprovisation über Wagner-Themen von Eric Staiger.
Den Beitrag der ausgefallenen Nina Bangerter ersetzte aufschlussreich Dr. Wolfgang Mende von den Wagner-Stätten durch den bereits beim Symposium während des Janofski-Rings gehaltenen Beitrag „Vom Beziehungszauber der Klänge. Wagners Ring und die Bedeutung der Instrumente“.
Die fast schon feministische Seite des Themas rückte Clarissa Mühlhausen mit »Das „Weib der Zukunft?“ – FrauenRollen im Ring des Nibelungen« in den Fokus. Die angeregte Diskussion eröffnete mehr Fragen als Antworten, die den Besuchern mit auf den Heimweg gegeben wurden. Gut so.
Ein Feuerwerk an humorvoll bis witztig vorgetragenen und fast schon zu vielen Informationen unter dem Motto „Von nie gelung’nen Nebeljungen – Der Ring in der Parodie“ zündete Tom Adler. Er bewies sich einmal mehr als Multitalent, der nicht nur musikwissenschaftlich überzeugen und musikalisch begeistern kann, sondern humorvoll und mit Verve die Untiefen der Be- und Verarbeitung Wagnerscher Schöpfungen auch im seichten Kultur- und Unterhaltungsbetrieb darzubieten weiß. Der Mann hat noch etwas vor im Leben und wenn er ein wenig die Stellschrauben bei Maß und Tempo nutzt, wird er immer ein Publikum finden, dass bereitwillig und erfolgreich seinen guten Ruf mehrt. Musikwissenschaftler Stefan Alschner schaffte es zu Guterletzt mit „Ein Ring, sie zu knechten“ – Wagner vs. Tolkien den Wagner-Liebhaber staunen zu machen, welche breite Kenner-Szene von Tolkiens Werken sich tief in Wagners Werk eingegraben hat, um Bezüge herzustellen.
Dieses Ring-Forum war für alle Seiten ein großer Gewinn, die Veranstalter wie die vielen überregionalen und internationalen Besucher. Warum die regionalen Wagner-Freunde oder Mitglieder der Wagner-Verbände sich das entgehen ließen, bleibt ein Rätsel.
Fotos: Barbara Linse
mehr BilderWer ihn kannte, weiß um den Verlust
JOSEF LIENHART IST TOT
Er war eine Instanz, die positive Inkarnation eines Wagner-Verbandsvorsitzenden, ein Mensch, einer der besten und fähigsten Repräsentanten der Kulturnation.
Josef Lienhart, bis 2019 langjähriger Vorsitzender des Richard-Wagner-Verbandes Freiburg im Breisgau, ist im Alter von 88 Jahren gestorben. Das wandelnde Lexikon deutscher und darüber hinausgehender Kultur- und Kunsthistorie war eigentlich gelernter Bäcker und Konditor. Aber das war Profession, seine Passion gehörte der Kunst, vor allem der klassischen Musik, dabei wiederum der des Leipzigers und Sachsen Richard Wagner. Aber auch seine tatsächlichen wie virtuellen Reisen zur Kunst unterschiedlicher Epochen, mit Schwerpunkt Renaissance, waren jedesmal ein Erlebnis. Lienhart war aber auch ein immer auf Ausgleich bedachter Mensch, der Konflikte lösen, nicht schüren wollte.
Wer ihn zum Freund zählen durfte, war reich beschenkt.
Josef Lienhart war von Anbeginn der Richard Wagner-Festspiele Bayreuth nach dem Zweiten Weltkrieg dabei, kannte alles und jeden und wusste sein Netzwerk im Sinne der 1909 in Leipzig gegründeten Richard-Wagner-Verbände zu nutzen. Von 1988 bis 2008 war er Vorsitzender des Deutschen Richard Wagner Verbandes, wurde 1991 in Lyon zum Gründungspräsidenten des Richard-Wagner-Verbandes International, der mit großem Engagement und Geschick das fragile Gebilde erfolgreich bis zu seinem Rückzug 2008 durch die Fährnisse der Zeit führte. Führungsfragen waren bei ihm Stilfragen. Nun ist er gestorben und die Kulturnation hat einen ihrer besten Verteter verloren. Ein Mann des Herzens und des Verstandes.
Thomas Krakow als Vorsitzender unseres Vereins ganz persönlich: Als langjähriges Vorstandsmitglied und Vorsitzender des Richard-Wagner-Verbandes Leipzig, als ehemaliger Präsident des Richard-Wagner-Verbandes International, als Vorsitzender des Richard-Wagner-Zentrums Mitteldeutschland, vor allem aber als Mensch habe ich einen wahren Freund und herausragenden Mitmenschen verloren.
„Der Ring des Nibelungen“ in Budapest –
Kulturreise vom 14. bis 19. Juni 2023
Richard Wager dirigierte und pianierte dort, sein Schwiegervater Franz Liszt hatte quasi Heimspiele in Budapest. Wir wollen uns auf beider Spuren begeben und den Blick bis zurück zu den Burgunden aus den Nibelungen schweifen lassen. Gran, die Hauptstadt König Etzels, heißt heute Esztergom. Viszegrad am Donauknie ist natürlich dabei wie auch Gödöllö mit seinem wiederhergestellten Sissi-Schloss und der Geschichte des Reichsverwesers Miklos Horthy. Höhepunkt ist und bleibt aber Richard Wagners Opus magnum „Der Ring des Nibelungen“ im einzigartigen Konzert- und Kulturpalast (MÜPA). Eine Führung durch das imposante Parlamentsgebäude rundet das Programm ab.
Für Rückfragen stehen die Damen unseres Partners, der R&V Touristik im Büro Leipzig zur Verfügung (Kontaktdaten siehe Flyer).
Reiseablauf:
1. Tag: Mi, 14. Juni – Flug nach Budapest – Stadtbesichtigung – Donauschifffahrt
2. Tag: Do, 15. Juni – Esztergom – Visegrád – „Das Rheingold“
3. Tag: Fr, 16. Juni – Rundgang Pest – „Die Walküre“
4. Tag: Sa, 17. Juni – Schloss Gödöllö – „Siegfried“
5. Tag: So, 18. Juni – Parlament – „Götterdämmerung“
6. Tag: Mo, 19. Juni – Rückflug
Richard Wagner in Prag, Anton Bruckner in Brünn –
Kulturreise vom 20. bis 23. April 2023
Viele Jahre hat unser Vorsitzender Thomas Krakow erfolgreich Kulturreisen für den Richard-Wagner-Verband Leipzig organisiert. Diese Erfahrungen und sein über Jahrzehnte gewachsenes Netzwerk nutzend, bietet auch unser Zentrum Reisen an, die Aufführungen der Musik Richard Wagners oder tasächliche Wagner-Orte zum Ziel haben. Das trifft aktuell doppelt zu, hat Wagner doch in Prag seine einzige Sinfonie uraufgeführt. Mit Brünn ist eher eine skurrile Geschichte verbunden. Arichtektur, Bildende Kunst, vor allem aber Musik und die Person Richard Wagners stehen im Mittelpunkt dieser Reise. Außergewöhnliches und Neues gibt es zu entdecken, verbunden mit manchem Aha-Erlebnis. Und die eine oder andere verborgene Tür geht nur mit uns auf. Leipzig als Oberzentrum der Metropolregion Mitteldeutschland begeht 2023 50 Jahre Städtepartnerschaft mit Brünn, der Hauptstadt Mährens. Da kommen wir genau richtig.
Reiseablauf:
1. Tag: Do, 20. April – Anreise, Schlossführung und Ausstellung Mährisch-Krumau
2. Tag: Fr, 21. April – Stadtbesichtigung Brünn und Anton Bruckners 4. Sinfonie „Die Romantische“
3. Tag: Sa, 22. April – Schloss Pravonín, Prag
4. Tag: So, 23. April – Führung Kloster Strahov, Fotostopp an der Moldau und Heimreise
Richard Wagner in Böhmen
Wunderharfe trifft Zauberflöte
Sonderausstellung „Ohne Weber kein Wagner!“ im Carl-Maria-von-Weber-Museum Dresden-Hosterwitz eröffnet
Wer zu Weber geht, um mehr über Wagner zu erfahren, bekommt Mozart. Denn Musik aus der Zauberflöte, vorgetragen von zwei Geigern der Sächsischen Staatskapelle, Wagners Wunderharfe, gehörte zum künstlerischen Rahmen der Ausstellungseröffnung im Carl-Maria-von-Weber-Museum in Dresden-Hosterwitz. Weit hergeholt? Mitnichten. „Ich glaube an Gott, Mozart und Beethoven“ schrieb Wagner in seiner 1840 in Paris entstandenen, autobiografisch gefärbten Novelle „Ein Ende in Paris“.
Sehr nachdrücklich und mit einigen wenigen Anmerkungen versehen trug Schauspieler Johannes Gärtner Wagners Rede bei dem von Wagner als Webers Nachfolger organisierten, ja sogar erst ermöglichten Begräbnis am Wohnort Dresden vor. Und die steht exemplarisch für Wagners fast durchgängig gleichbleibende Haltung zu Weber. Dazu Kurator Tom Adler von der Hochschule für Musik „Franz Liszt“ Weimar, neben den Wagner-Stätten Graupa Kooperationspartner in diesem Gemeinschaftswerk: Grundgedanke der Ausstellung ist zu zeigen, welche Spuren Weber in Wagners Leben und Wirken hinterlassen hat. Die Einmaligkeit des persönlichen Erlebens als Kind, aber nie den künstlerischen Dialog geführt zu haben (wie zum Beispiel mit Rossini, Liszt etc.), lässt Weber eine besondere Bedeutung für Wagner zukommen. Seine Weber-Sichtweise wechselt vom Idol zum Objekt harscher Kritik bis hin zur Glorifizierung im fortgeschrittenen Alter. … Die Ausstellung spürt sowohl biographischen als auch künstlerischen Schnittpunkten Webers und Wagners nach, wobei die (Dresdner) Romantik mit E.T.A. Hoffmann ebenfalls als ein Ansatzpunkt für die deutsch-romantische Oper und das Musikdrama hervorgehoben wird.
Weber und Wagner wirkten als Hofkapellmeister in der Residenzstadt und beide suchten ihr Sommerdomizil in der ländlichen Umgebung von Pillnitz. Es war ein gelungener Spätnachmittag am 23. Oktober, zu dem Leiterin Dr. Romy Donath ins authentische Komponistenhaus kurz vor Schloß und Park Pillnitz geladen hatte. Gedränge – kein Platz blieb leer in dem kleinen Haus. So soll es sein, wobei die Fahne der organisierten Wagnerianer durch unser Zentrum mit einem eigenen Infostand hochgehalten wurde. Es lohnt sich, diese sehr informative, in Bild und Text außerordentlich gelungene Ausstellung zu den üblichen Öffnungszeiten des Museums bis zum 30. April 2023 zu besuchen. Am 24. und 25. März 2023 wird im nahen Graupa eine Tagung zum Thema stattfinden.
Fotos: Barbara Linse/Thomas Krakow
Carl-Maria-von-Weber-Museum, Dresdner Straße 44, 01326 Dresden
MI bis SO · 12:00 bis 17:00 Uhr · Preise: 4,– €, ermäßigt und Gruppen ab 10 Personen 3,– €
Wagner in Dresden, wo er die meisten Jahre seines Lebens verbrachte
„Der Ring des Nibelungen“ an der Dresdner Philharmonie im Kulturpalast der sächsischen Haupt- und Residenzstadt
Altmeister Marek Janowski erfüllte sich im letzten Jahr als Chefdirigent der Dresdner Phiharmoniker einen Traum. Wie schon einmal in den achtziger Jahren dirgierte er im frisch sanierten und modernisierten Kulturpalast den „Ring des Nibelungen“, Richard Wagners Opus magnum. Dort, wo Wagner die meisten Jahre seines Lebens verbrachte, wo er lebte, lernte und liebte und wo er drei Opern, ein Oratorium und viele kleinere Kompositionen zur Uraufführung brachte. Der Saal der Philharmonie in Hamburgs sächsischer Partnerstadt hat eine mindestens ebenso spektakulär gute AkustikElbphilharmonie in Hamburg wie die Elbphilharmonie in Hamburg. Sogar besser, meinte Janowski beim begleitenden Symposium. Ein Vorabend und drei Tagen opulentes wagnersches Musikdrama mit seinem so heutigen Inhalt wurden dem Publikum geboten samt einem Sympsoium zum modernen Orchester und – endlich wird es praktiziert – begleitender Führungen in den Wagner-Stätten Pirna-Graupa. Unser Znetrum präsentierte sich dabei sehr erfolgreich auf der Parkettebene mit einem Informationsstand dem Publikum, an dem auch der Richard-Wagner-Verband Dresden beteiligt war.
Ein berauschtes Publikum erlebte diese exzellente musikalische Präsentation von Wagners Opus magnum im Kulturpalast. Es war ein „Ring“ der Extraklasse, den Maestro Marek Janowski mit den Musikern der Dresdner Philharmonie sowie allen Solisten in einem Saal der Extraklasse den Besuchern offerierte. Allerdings war nicht nachvollziehbar, warum das Haus nicht ausverkauft war. Allein 117 Orchestermusiker, die Amboßschläger von Nibelheim mitgerechnet, verzauberten im „Rheingold“. Das Publikum riss es am Ende von den Stühlen. Jochen Schmeckenbecher als Alberich wurde im RHEINGOLD zum Abräumer des Abends und ebenso frenetisch nach der Götterdämmerung gefeiert. Fast nicht auszuhalten war die berührende Stimmung bei Wotans Abschied in der „Walküre“, die Janowski und sein Orchester mit Catherine Foster und Egils Silins dem Publikum mit auf den Heimweg gaben. Publikumsreaktionen auf Regiekollektive wie im Sommer in Bayreuth oder gerade an der Berliner Staatsoper waren hier bei konzertanten Aufführungen nicht zu erwarten. Für den grenzenlosen Jubel bei „Siegfried“ im leider auch dabei nicht ausverkauften Haus stand ein Spitzenorchester unter seinem souveränen Stabführer und eine handverlesene Gruppe Solisten, die man so nur selten findet. Glücklich diejenigen, die sich richtig entschieden und das erleben durften.
Die „Götterdämmerung“ krönte den Dresdner „Ring des Nibelungen“ der Philharmonie. Es waren STARKE SCHEITE und ein Beben im Dresdner Kulturpalast.Am Ende stand eine gelbe Rose. Sebastian Stieler aus Leipzig, Mitglied des dortigen Richard-Wagner-Verbandes, reichte Catherine Foster ein einzelnes Exemplar unter tosendem Applaus auf die Bühne. Foster hatte als Brünnhilde mit ihrem unter die Haut gehenden Schlussgesang gemeinsam mit den Musikern der Dresdner Philharmonie unter Stabführung ihres scheidenden GMD einen starken Akzent und Schlusspunkt gesetzt, der exemplarisch für diesen gesamten konzertanten Dresdner „Ring“ stand. Noch vor Jochen Schmeckenbecher, der diesen genialen sympathisch-unverschämten Alberich gab, war sie der unumstrittene Star dieses „Rings“. Nach der Aufführung an der Oper Leipzig im Rahmen von Wagner 22 im Juli d. J. zeigte nun die Philharmonie der sächsischen Kunstmetropole an der Elbe, wo in Mitteldeutschland die Musik spielt. Es war ein Siegeszug des sächsischen Komponisten und Kapellmeisters Richard Wagner in dieser Stadt, die ihn nicht immer liebte. Verstärkt um den MDR-Rundfunkchor und Sänger des Leipziger Opernchores boten alle Künstler eine überragende Glanzleistung. Den kurzfristig erkrankten Markus Eiche als Gunther ersetzte glänzend Michael Kupfer-Radetzky. Welch ein Gewinn er ist, hatte er bereits im Sommer in Bayreuth exemplifiziert. Das Publikum erklatschte viele „Vorhänge“.
Und zwischen beiden Tagen ein Symposium zu „Wagner und das moderne Orchester“ mit Albert Breier, Komponist und Autor aus Dresden, Dr. Wolfgang Mende von den Richard-Wagner-Stätten Pirna-Graupa und Prof. Dr. med Dirk Mürbe, dem Direktor der Klinik Audioligie und Phoniatrie der Berliner Charité, der Erkenntnisse zur Stimmphysilogie den Gästen mit einem tiefen Blick in den „Schlund“ der Sänger erlaubte. Wer noch nicht wusste, dass Wagner-Gesang Schwerstarbeit ist, hatte es nun verstanden. Das erfrischende und den Tag abschließende Gespräch des Journalisten Uwe Friedrich mit Marek Janowski legte vor allem die besondere Beziehung des Dirigenten zu Wagner und dabei vor allem dem „Ring“ offen, so dass man sich nicht vorstellen kann oder will (?), dass es trotz seines Alter der letzte gewesen sein soll.
Dass fast keine Mitglieder der beiden anderen sächsischen Richard-Wagner-Verbände aus Chemnitz und Leipzig zu sehen waren – geschenkt. Sebastian Stieler mit seiner Rose stand für sie alle. Uns bestätigte es umso mehr in der Erkenntnis, wie wichtig unser Zentrum für Mitteldeutschland ist. Vielen Dank für die Ermöglichung unserer Präsentation und die Unterstützung den Verantwortlichen der Dresdner Philharmonie. Dank auch an den RWV Dresden und seinen Vorsitzenden Klaus Weinhold für die Kooperation und die Handreichungen.
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Foto: Carsten Beier
Foto: Carsten Beier
Senta, die Untoten und das ganz reale Leben
Eigentlich ist die Kulisse um die Felsenbühne Rathen in der Sächsischen Schweiz schon Handlungsrahmen genug. Ist sie am Anfang nur bizarr, bietet sie dem Uneingeweihten, wenn er ansonsten Raum und Zeit vergisst, mit einsetzender Dämmerung Stimmungswechsel und alle Zutaten für den Schauder auf dem Rücken. Man kann verstehen, dass es der ideale Ort für die Webersche Wolfsschlucht im „Freischütz“ ist. Doch reicht es auch für das in Mode befindliche Gespenstische jener Zeit, in der Richard Wagner Heinrich Heine las, jahrelang die Ostseeküste Ostpreußens und Lettlands vor Augen hatte und final das Toben des Meeres im Skagerrak mit Todesangst überlebte? Und als nach dem Werden „Der Fliegende Holländer“ am 2. Januar 1843 am Hoftheater zu Dresden zur Uraufführung kam? Die Regisseurin Kai Anne Schuhmacher schien dem nicht ganz zu trauen. Hin- und hergerissen zwischen historischer Vorlage und einem Zeitgeist, der meint, dem Zuschauer Brücken ins Hier und Heute bauen zu müssen, um den Anschluss nicht zu verlieren, schwankte die Inszenierung zwischen Ernsthaftigkeit und Seriosität einerseits sowie billigem Slapstick und heutigen Versatzstücken andererseits. Dabei waren Anleihen aus dem gescheiterten Inszenierungsversuch Michael von zur Mühlens (Leipzig 2008), oder der wenig überzeugenden „Durchdringung“ von Jan-Philipp Gloger (Bayreuth 2012) u.a. nicht zu übersehen. Warum der Tod, ob angesetzt oder herbeigeführt, mit dem Kehlschnitt per zerbrochener Flasche gesucht wurde, erschloss sich nicht. Dabei entstehender Müll gehört heute zu einer modernen Bühne. Das sagt nichts über Schuhmacher aus, die, will sie wahrgenommen werden, dem veröffentlichen Mehrheitsgeschmack eines Feuilletons entsprechen muss, dessen Macht im sich hebenden oder senkenden Daumen liegt. Und das dem Publikum wenig zutraut, weshalb der Hang zum Infantilen weit verbreitet ist. Schickt man aber Beckmesser nach Hause, bleibt sehr viel auf der Habenseite. Und das liegt vor allem bei den Landesbühnen Sachsen und ihrem Hausorchester, der Elblandphilharmonie. Spielfreude und Leistungsfähigkeit waren bei der besuchten Vorstellung am 4. September 2022 spürbar, allen voran Florian Neubauer (Steuermann), Raffaela Lintl (Senta) sowie Paul Gukhoe Song (Holländer), der schauspielerisch und gesanglich überzeugte und natürlich Young Woo Kim (Erik). Das tatsächlich im Maritimen angesiedelte Bühnenbild machte es dem Orchester nicht leicht, bei den nicht idealen Bedingungen einer Freilichtbühne hinter geborstenen Schiffsplanken zu brillieren. Eine glückliche Fügung war, dass der musikalische Leiter Ekkehard Klemm an jenem Tag Pult und Bühne dem talentierten Nachwuchsdirigenten Tim Fluch überließ, der die Nuancen der Musik Wagners gekonnt akzentuierte und dabei eine gute Figur machte. Christian Thielemann wusste, wen er da gefördert hatte. Das gemischte Publikum fand Unterhaltung und der Kenner insgesamt seinen Wagner wieder.
DAS IST KEIN MANN!
Siegfried als reiner Thor von Esbjerg
Blick über den Tellerrand. Kennen Sie Esbjerg in Dänemark? Wenn nicht, ist es keine Schande. Aber als Wagnerianer sollte man es auf dem Zettel haben. Denn im dortigen „Musikhuset“, kein Opernhaus aber ein Konzert- und Aufführungssaal mit hervorragender Akustik, wird seit 2017 ein „Ring“ geschmiedet. Ein „Ring des Nibelungen“ der Extraklasse. Grund genug für uns, während der ausklingenden Sommerpause über den Tellerrand zu blicken, zumal ein uns wohl bekannter Sänger die Partie des Titelhelden sang.
Werbung? Fehlanzeige. Der Chef des Hauses gönnt sich diese Inszenierung selbst und schafft es immer wieder, die Mittel dafür einzuwerben. Es begann 2017 mit „Die Walküre“, 2019 folgte „Das Rheingold“. Wegen Corona nun „Siegfried“ erst im August 2022. Zum Glück, denn Magnus Vigilius, Dänemarks Aushängeschild in Sachen „Heldentenor“, erzählte im Frühjahr, dass er die Titelpartie singen wird. Ja, wer denn sonst? Ist er doch der erste Typ „Siegfried“ seit dem deutschen Peter Hofmann – der nur den Siegmund sang – der die Partie nicht nur auf höchstem Niveau singen kann, sondern dessen Erscheinung man die Figur auch abnimmt. Der Mann sieht blendend aus, auch weil er sportlich ist und hat, was kein Nachteil ist, eine Schauspielausbildung. Entsprechend kam er auch beim Publikum an und wurde wie ein Held gefeiert. Mit begeistertem Applaus wurden aber auch alle anderen Darsteller bedacht, boten sie doch mit dem Hauptprotagonisten ein Bühnenmusikstück, das uns eine Oper von Richard Wagner und nicht des Regisseurs zeigte. Der wiederum steckte tief im Stoff und bot Anspielungen und Rückblenden zur persönlichen Biografie der Personen und deren Familiengeschichte. Alles logisch, alles wohl durchdacht und auf das Stückverständnis des Publikums zugeschnitten. Fricka (Anne Mette Balling) lauschte quasi als Alter Ego ihrem als Wanderer (Jens Søndergaard) daherkommenden Gatten Wotan und schaute ihm auf die Finger. Da den Göttern und ihrem Gezücht nichts Menschliches fremd ist, gab es auch ausreichend zu schmunzeln, vor allem beim letzten Auftritt von Alberichs (Jesper Buhl) Sohn Hagen als Kind (Jonathan Skovbjerg Hildebrandt), wenn der am Ende des 2. Aufzugs vor den Vorhang tritt mit einem Schild, auf dem geschrieben steht „Applaus! Ich muss gleich ins Bett.“
Regisseur Kasper Wilton spricht generationenübergreifend das Publikum an, das für drei – leider nur drei – ausverkaufte Vorstellungen sorgte und mitging. Das bestens gestimmte Orchester unter Harry Sever bot alles, damit jeder Einzeldarsteller seine Figur überzeugend singen und ausspielen konnte, Trine Bastrup Møller als überzeugende Brünnhilde, Jesper Brun-Jensen als gar nicht so stupider Fafner und vor allem der grandiose und mit Magnus-Siegfried bestens eingespielte Niklas Björling-Rygert als Mime. Aber noch einmal: Der klare, ja helle, mit viel Ausdruck aufgeladene und dennoch lyrische Tenor des blonden Magnus Vigilius, seine hohe Emotionalität und schon fast berstende Vitalität machen den Mann geradewegs zum Naturereignis. Magnus Vigilius ist ein Geschenk für jede Wagner-Bühne. So hat man sich einen Siegfried vorgestellt – und wünscht ihn sich. Mehr und öfter auch auf deutschen Bühnen.
Fotos: Steffen Aarfing, Thomas Krakow
mehr BilderAuf Wagners Spuren von Augsburg über München in die Schweiz – ein außerordentliches Reiseangebot
Der Reiseveranstalter, RV Touristik GmbH bietet nur bis zum 30. August 2022 folgende außergewöhnliche Reise an:
Reisezeitraum: 14. bis 19. Oktober 2022
1. Tag – 14. Oktober 2022: Fahrt nach Augsburg (A)
Unter Leitung des Vorsitzenden, Herrn Thomas Krakow, geht unser Fahrt im modernen Reisebus nach Augsburg. Nach unserem gemeinsamen Abendessen besuchen wir die Vorstellung „Der Ring des Nibelungen“ der Augsburger Puppenkiste. Im Anschluss fahren wir noch ein Stückchen weiter und beziehen unser Hotel in Dachau. (1 ÜN)
2. Tag – 15. Oktober 2022: Stadtrundgang München – Luzern (F, I, A)
München und Richard Wagner sind für immer schicksalhaft miteinander verbunden. Wagner kam zum ersten Mal 1861 nach München und auch die Uraufführung von „Tristan und Isolde“ fand hier 1865 im Königlichen Hof- und Nationaltheater statt. Bei einem Stadtrundgang /-fahrt begeben wir uns auf Wagners Spuren. Nach einem Mittagsimbiss geht unsere Fahrt weiter nach Luzern. Abendessen und Übernachtung. (2 ÜN)
3. Tag – 16. Oktober 2022: Nietzsche-Haus in Sils (F, A)
Wir unternehmen einen Ausflug nach Sils Maria im Engadin und besuchen das Museum Nietzsche-Haus. Der Philosoph Friedrich Nietzsche verbrachte hier einst seine ideen- und schaffensreichste Zeit. Gemeinsam, und unter Führung von Thomas Krakow, wandern wir zu einem von Nietzsches Lieblingsorten – zur Halbinsel Chasté. Anschließend Rückfahrt in unser Hotel und Abendessen.
4. Tag – 17. Oktober 2022: Stadtführung Luzern – Tribschen und Seelisberg – Zürich (F, M)
Luzern, das Tor zur Zentralschweiz, liegt, eingebettet in ein eindrückliches Bergpanorama, am Vierwaldstättersee. Historische, mit Fresken geschmückte Häuser schmücken die Altstadt. Bei einer Stadtführung mit dem Präsidenten der Schweizerischen Richard Wagner-Gesellschaft, Herrn Stefan Gallati, erkunden wir diese malerischen Plätze. Danach fahren wir gemeinsam nach Seelisberg am Vierwaldstätter See und essen zu Mittag. Anschließend besuchen wir noch Tribschen und fahren weiter nach Zürich. (2 ÜN)
5. Tag – 18. Oktober 2022: Stadtführung Zürich – Oper „Walküre“ (F, M)
Zürich ist die Hauptstadt des gleichnamigen Kantons und zugleich die größte Stadt der Schweiz. Für Richard Wagner wurde Zürich ab 1849/50 zur Bühne, hier verfasste er etliche Schriften. Ein Stadtrundgang wird uns die Wirkungsstätten von Wagner zeigen. Mit unserem Bus fahren wir unter anderem auch zur Villa Wesendonck. Nach dem gemeinsamen Mittagessen haben wir die Möglichkeit um 17:00 Uhr die Aufführung der Wagner-Oper „Walküre“ im Opernhaus Zürich zu sehen (fakultativ).
6. Tag – 19. Oktober 2022: Rückreise nach Leipzig (F)
Heute geht es mit unserem Reisebus zurück nach Leipzig.
(Programmänderungen, insbesondere in der Reihenfolge des Ablaufes, vorbehalten. An- und Abreisetag dienen ausschließlich zur Erbringung der Beförderungsleistung. F = Frühstück, M = Mittagessen, A = Abendessen, I = Imbiss)
Alle relevanten Daten, Preise und Informationen zur Buchung erhalten Sie im Flyer, den Sie direkt downloaden können.
Foto: Thomas Krakow
Foto: Michael Reichel
Foto: Thomas Krakow
Meiningen, Lohengrin und das Publikum
Es war eine schwere Entscheidung, am 10. Juli nach Meiningen zu fahren. In Leipzig stand im Rahmen von Wagner 22 „Die Götterdämmerung“ auf dem Programm und so wie sich das ganze Festival, nun „Der Ring des Nibelungen“, aufgeladen hatte, war Grandioses zu erwarten. Und das traf auch ein, so dass Intendat und GMD Ulf Schirmer seine eigentlichen Huldigungen für die Tätigkeit an und mit Wagner völlig zurecht und mit dem Gewandhausorchester auf der Bühne, von denen, die es zu verstehen und zu schätzen wussten, entgegennehmen konnte. Die Leipziger Stadtpolitik fehlte an diesem Abend, wie auch zum abschließenden „Parsifal“, wie auch bei allen Aufführungen deutlich wahrnehmbar.
In Meiningen war das zur letzten ganz normalen Aufführung zum Spielzeitende nicht nötig. Da erledigte das Publikum seine Aufgabe in jeder Beziehung. Die erst Ende April d. J. auf die Bühne gekommene, tatsächlich nach Richard Wagner erfolgte Inszenierung – nicht Ausdeutung – des „Lohengrin“ von Altintendant Ansgar Haag hatte von der Premiere weg das Publikum fortgerissen. Dass Haag das Stück in seine Enstehungszeit 1846/47, also kurz vor die gewaltsame Entladung der wirtschaftlichen, vor allem aber gesellschaftlichen Wiedersprüche in Deutschland 1848, beim Maiaufstand in Wagners Dresden erst 1849, legte, war eher eine Parabel auf gesellschaftliche Zustände und Widersprüche im heutigen Deutschland. Das zeitgeistige aktuelle Russland-Bashing soll ja eher davon ablenken und fand in Meiningen wie auch in Leipzig nicht statt.
Man kann darüber orakeln, warum die Gerüchte einfach nicht verstummten, dass der aktuelle Intendant diese Inszenierung nicht mag. Fest stand aber, dass sie nach Ende dieser Spielzeit in die Historiensammlung des Meininger Staatstheaters integriert und nicht wieder aufgeführt werden sollte. Das Feuilleton stand anfangs mehrheitlich kritisch zur Inszenierung, nicht so das Publikum, das von der Premiere weg seine Begeisterung zum Ausdruck brachte. Bleibt die Frage, für wen ein Haus spielt, ein Regisseur inszeniert. Vielleicht kann man hier einfach König Heinrich folgen in der Einschätzung, dass „unsere Weisheit Einfalt ist“, denn das Stück wurde vom Publikum verstanden und in jeder Beziehung bis zum Ausverkauf besucht, gefeiert und alle Beteiligten bejubelt. Die Meininger Staatskapelle unter GMD Philippe Bach, Chor und Extrachor, die Solisten, da gab es keinen, an dem etwas auszusetzen wäre und mit Lena Kutzner hat das Haus eine kongeniale Elsa, mit Shin Keniguchi d e n bejubelten Telramund und beide Ortruds verkörperten diese Rolle bis zum Bersten psychologisch tiefgehend. Die tragische langwierige Erkrankung von Tenor Michel Siemon wurde zur Meininger Sternstunde der beiden Einspringer Marco Jentzsch aber vor allem Magnus Vigilius, der sich von der Premiere bis zur letzten Vorstellung in die Herzen nicht nur des Publikums sang. Und was sich an jenem 10. Juli in Meiningen auf der Bühne abspielte und hernach im Zuschauerraum, war den Verzicht auf die Leipziger „Götterdämmerung“ wert. Angereichert duch viele auswärtige Besucher im restlos ausverkauften Haus, fand eine fast schon durch nicht enden wollendes Klatschen, Trampeln und Bravorufen ekstatische demokratische Abstimmung gegenüber den auf der Bühne befindlichen Ansgar Haag als Regisseur und Intendant Jens Neundorff von Enzberg statt. Dem Intendanten ist nur zu gratulieren, dass am Folgetag die Entscheidung die Runde machte, diesen „Lohengrin“ in der übernächsten Spielzeit wieder in den Spielplan zu nehmen. Und wir sind dankbar, dass Magnus Vigilius wieder bereit war, nach der Vorstellung im Foyer für sein Publikum auf unserem Sonderheft Autogramme zu geben. Um seine Stimmbänder im Wagner-Modus zu halten, sollte man ihn unbedingt den „Tannhäuser“ auf der Wartburg singen lassen.
Magnus Vigilius mit Preislied
Foto: Kirsten Nijhof
Opernfreunde, Magnus und Julius Vigilius
Foto: Michael Ranft
Lohengrin Vigilius, Vereinsvorsitzender Krakow
Foto: Michael Ranft
Der "Meistersinger" auf "Lohengrins" Spuren
MAGNUS VIGILIUS SIGNIERTE IN UNSERER GESCHÄFTSSTELLE
Rauschhafter atemberaubender Jubel bricht sich Bahn, als am 3. Juli 2022 nach knapp sechs Stunden die letzten Töne der „Meistersinger von Nürnberg“ verklungen sind und die Hardcore-Wagnerianer, darunter der Autor, sich das sofort noch einmal geben könnten. Denn was da vom Gewandhausorchester unter Stabführung von GMD-Intendant Ulf Schirmer, dem Chor und den Solisten in den mit 1263 Besuchern voll besetzten Zuschauerraum strömte, war beste deutsche Operntradition. Von kleinen Peinlichkeiten im Bühnenbild als Ausdruck der Diktion oder des Selbstschutzes des Regisseurs vor politischen Besserwissern abgesehen, war diese Inszenierung ein Opernabend, für den allein sich schon die Anreise vieler Besucher aus allen Teilen dieser Welt gelohnt hat. Weltklassemusiktheater in Leipzig – endlich wieder. Höbe man jemanden heraus, wäre man unfair. Alle boten die gleiche Meisterschaft.
Keine Allüren und trotzdem erfolgreich.
Einer der Hauptprotagonisten war tags zuvor am Vormittag unser Gast. Der Klimawandel hatte auch Leipzig wieder mit subtropischen Temperaturen im Griff, die bis in die Passage des HansaHauses gekrochen war. Das hielt uns aber nicht ab und schon gar nicht den perfekten „Lohengrin“ für die Schwanenausstellung, eine Signierstunde zu veranstalten. Man kennt ihn nur gut gelaunt, Magnus Vigilius, ein herausragender „Lohengrin“ in Meiningen und am 3. Juli in Leipzig eben wieder der Walther von Stolzing in den „Meistersingern“. Zur Verstärkung hatte er sich Sohn Julius mitgebracht, der sich das Treiben der Erwachsenen eine Weile ansah und sich dann doch für eine Entdeckertour durch Leipzig entschied. Die Besucher bekamen unsere „Vereinsnachrichten“ signiert und unser Verein den Premiereneintrag in sein Ehrenbuch. Ansonsten gute Gespräche, viel Spaß mit dem Schwanenhelm, den 2006 Stefan Vinke im Haus am Augustusplatz trug, und gute Stimmung. Die ist das Markenzeichen von Magnus. Das steckt an und passt zu dem, was die Oper Leipzig gerade den Leipzigern und Gästen der Stadt schenkt.
Was für ein Abend
RICHARD WAGNERS "Die Feen" in der Oper Leipzig
Da saß die Aufregung mit ihm Haus, wenn Erkrankungen oder Quarantäne einen Auftakt beeinträchtigen. Doch es lief wie geschmiert, wurde gefeiert und natürlich auch bemeckert. Aber warum?
Das war ein Auftakt nach Maß im Leipziger Haus am Augustusplatz. Drei Hauptprotagonisten fielen krankheitsbedingt aus. Und? Es wurde gespielt!
Die größte Hochachtung verdient Marc Horus für die kurzfristige Übernahme der mörderischen Rolle des Arindal vom erkrankten Ray Cornelius Smith. (Wagner war unerfahren und rücksichtslos gegenüber dem Sänger.) Sichtlich angestrengt hat er sie dennoch gemeistert und damit den Abend gerettet. Was wäre die Alternative gewesen? Ausfall?
Matthias Foremny für Christoph Gedschold? Nicht der Rede wert. Der Mann ist Vollprofi und hat schon viel Gold aus dem Graben fließen lassen. Er hat zuverlässig geliefert, was man von ihm erwarten durfte.
Und Kirstin Sharpin für Liene Kinca? Es war Kirstin Sharpins Abend. Sie hat ihn genutzt. Diese Frau war längst aufgefallen als Isolde in Nordhausen (unser Heft 1-2021), als Solistin im 7. Symphonischen Konzert der Rudolstädter Sinfoniker in Saalfeld und danach im Festprogramm im Markgräflichen Opernhaus Bayreuth anlässlich des 150. Jahrestages der Grundsteinlegung für das dortige Festspielhaus durch einen Leipziger namens R. W. (unser Sonderheft Wagner 22). In Leipzig kam man nicht umhin, an Christine Libor zu denken, die diese Rolle seit 2013 stimmlich und visuell prägte. Eine Libor ist die Sharpin noch nicht. Aber auf dem besten Weg dorthin. Schließlich bekam auch sie Szenenapplaus für ihre Interpretation der Arie der Ada! Wie die Libor jedesmal …! Eine Glanzleistung derer in der Oper Leipzig, die diesen Abend möglich machen mussten und es auch taten. Was sonst? Thomas Krakow
Barbara Hoene – Eine Kammersängerin auf Abwegen?
EIN SOMMERABEND IM WAGNERDORF POSSENDORF
Unsicher war das schon, denn die Frage „Wo liegt das eigentlich?“ kam mehr als einmal. Auch die Kammersängerin war noch niemals dort. Und natürlich war passend zur Situation auch die direkte Straße von Dresden oder der A17 gesperrt. Aber wo ein Wille ist, „die Hoene“ zu erleben, da ist auch ein Weg. Und den fanden rund 70 Besucher einer Veranstaltung, wie sie öfter einmal stattfinden könnte. Thomas Krakow hatte für das „Richard-Wagner-Zentrum Mitteldeutschland“ eingeladen und war gewarnt worden, dass diese Grand Dame der Dresdner Semperoper nicht auf den Mund gefallen sei. Logisch, Stimme und Mund sind ihr Hauptarbeitsinstrument. Vor allem musste er aber sein Mikrofon festhalten, das die Dame ihm schnell einmal entriss, wenn ein Gedankenblitz dem Publikum nicht vorenthalten werden sollte. Und so wurde es ein unterhaltsamer, amüsanter Spätnachmittag an diesem 11. Juni 2022, begleitet von Ex-Gewandhausorganist Matthias Eisenberg, der zur
Sigfrid Karg-Elert
Richard-Wagner-Album
18 Konzertbearbeitungen für Orgel
Tannhäuser
Einzug der Gäste auf der Wartburg
Nr. 4
Franz Liszt
Präludium zur Kantate
„Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen“
bearbeitet von Alexander Winterberger
Sigfrid-Karg-Elert
Richard-Wagner Album
18 Konzertbearbeitungen für Orgel
Meistersinger
Festmusik aus den Meistersingern
Nr. 8
Bürgermeister Wersing dankte für die Initiative aus Weißenfels und unser Zentrum kann zurückblicken auf eine perfekt gelungene Kooperation mit dem Richard-Wagner-Verband Dresden und der Kirchgemeinde Possendorf.
Das soll nicht das letzte Mal gewesen sein.
FASZINATION WAGNER ZUM 209. GEBURTSTAG
Vortrag in Leipzig, Reise durchs Wagnerland und Parlamentsgespräch extra in Magdeburg
Nein, rund war dieser Geburtstag am 22. Mai 2022 nicht. Und trotzdem bot unser Zentrum am 18. Mai 2022 einen Vortrag ganz nah am Geburtsort des Meisters, dort, wo sich einige der Punkte im von Thomas Krakow erdachten Stadtplan „WagnerWege in Leipzig“ drängen, den er als frisch gebackener Vorsitzender des Richard-Wagner-Verbandes Leipzig 2008 erstmals herausgab. Salles de Pologne hieß der Veranstaltungsort in der Hainstraße 16, dort, wo sich 1834 die Redaktion der „Zeitung für die elegante Welt“ befand. Wagner schrieb selbst in ihr oder ließ eigene Werke besprechen, als Heinrich Laube, Autor des Buches „Das junge Europa“, der Chef war. Prof. Chris Walton aus Solothurn (CH) hielt einen Vortrag zur Oper „Das Liebesverbot oder die Novize von Palermo“ unter dem Titel „Im siebenten Himmel? Minna und Richard Wagner: Süße Not. Liebesverbot. Ehegebot.“ und stellte sie dabei in den Kontext von Wagners persönlicher Situation und dessen eigene Rezeption. Die von den Jungdeutschen um Heinrich Laube u.a. propagierte „freie Liebe“, nicht nur vom jungen Wagner begierig antizipiert, fand in dem Werk durchaus ihre Entsprechung, denn eigentlich hätte die Oper auch „Das Sexverbot“ heißen können. Undenkbar in einer Zeit, in der schon „Das Liebesverbot“ mit einem Untertitel abgemildert werden musste. Zahlreiche Besucher (teilweise aus Berlin und Dresden angereist) wurden zum Abschluss auf der Dachterrasse des Veranstaltungsortes mit einem traumhaften Blick über Leipzigs Innenstadt belohnt.
Der Referent begab sich derweil mit Vereinsvorsitzendem Thomas Krakow auf Wagner-Tour zum Uraufführungsort der Oper nach Magdeburg. In Weißenfels traf Walton den designierten Oberbürgermeister Martin Papke am Gedenkstein für das Geburtshaus von Wagners Mutter Johanne Rosine Pätz. Er stand am Grab von Novalis und entdeckte das Heinrich-Schütz-Haus. In Merseburg zeigte ihm Krakow den 1000jährigen Kaiserdom und den eigentlichen Ort der Parlamentsgespräche, das Ständehaus der ehemaligen preußischen Provinz Sachsen. In Bad Lauchstädt, Wagners erstem festen Arbeitsort mit der Bethmannschen Theatertruppe aus Magdeburg beeindruckten die historischen Kuranlagen und das Goethetheater, zu dem ihnen unkonventionell die Tür aufgetan wurde. Kopfschütteln und Fotos für die Wagner-Freunde weltweit provozierte am Wohnhaus von Richard Wagner und Minna Planer ein Verkehrsschild, das seit Kurzem die historischen Info-Tafel am Haus verstellt und somit Fotografieren problematisch macht. Wahrlich ein Schildbürgerstreich.
In Magdeburg schließlich hatten der lokale Richard-Wagner-Verband und der Förderkreis des Theaters Magdeburg dazu beigetragen, dass am 19. Mai Prof. Waltons Vortrag als Parlamentsgespräch extra am Landtag unter der Schirmherrschaft des Landtagspräsidenten stattfinden konnte. Dafür standen auch die anwesenden Landtagsabgeordneten Elke Simon-Kuch (Weißenfels), Sven Czekalla (Merseburg) und Stephen G. Stehli (Magdeburg-Nord). Bis aus dem Harz waren die Gäste angereist und machten den Abend im Café des Klosters Unser Lieben Frauen neben dem Landtag, Schnittpunkt von Nord- und Südroute der Straße der Romanik, zum temporären Wagner-Zentrum. Neben den Genannten sei hier Martin Papke aus Weißenfels, Sven Czekalla aus Merseburg, den Salles des Pologne in Leipzig und der Easygastro GmbH des Klostertheaters herzlich für Unterstützung und entgegenkommen gedankt. Nicht zu vergessen Michael Ranft und Ralf-Rainer Hoffmann als Fotografen und den hilfreichen Vereinsmitgliedern Martina Mangels, Peter Richter und Thorsten Gras.
Herfried Münkler mit „Marx-Wagner-Nietzsche.Welt im Umbruch“ in Merseburg
1. Parlamentsgespräch am 4. März 2022 im Ständehaus war voller Erfolg
Das konnte Vorsitzender Thomas Krakow nicht ahnen, was sich seit zwei Wochen in Osteuropa abspielt und dass er mit Prof. Herfried Münkler genau dazu einen Experten eingeladen hatte, der Mitglieder der Bundesregierung berät und täglich auf wechselnden Kanälen die großen Zusammenhänge erklärt. Aber Radiomoderator Axel Thielmann ergriff professionell beide Fäden und setzte das Momentane mit „Marx-Wagner-Nietzsche“ unter dessen Untertitel „Welt im Umbruch“, um dann diese Welt im Umbruch des 19. Jahrhunderts an drei ihrer außergewöhnlichsten Protagonisten jener Zeit zu exemplifizieren. Bürgermeister Gatzlaff hatte begrüßt und brachte mit CDU-Landtagsabgeordnetem Sven Czekalla zum Ausdruck, dass die Politik sich durchaus bewusst war, wie hochkarätig da verhandelt wurde. Wer nicht dabei war, hat eine der Sternstunden publizistischer Kommunikation verpasst, wie man sie selten erlebt und bei der ein Moderator exzellente Fragen stellt, die dem Autor und Referenten offensichtlich schmeichelten. Der ließ sich aber nicht dazu verführen zu dozieren, sondern behielt das Publikum immer auf Augenhöhe. Das war aus ganz Deutschland angereist, war begeistert, belagerte den Referenten und den Büchertisch und votierte mit den Organisatoren: Es war ein voller Erfolg, das 1. Parlamentsgespräch im Ständehaus zu Merseburg.
Die aus der Ferne aber auch Teilnehmer aus der Region genossen am Folgetag die wie immer professionelle und sachkundige Führung von Beate Tippelt durch die 1000-jährige wechselvolle Geschichte des Merseburger Kaiserdoms.
Thomas Krakow auf Wagners Spuren: Nordbayerischer Kurier zum neugegründeten Richard-Wagner-Zentrum Mitteldeutschland
Ein Besuch von Vereinsmitgliedern zum 139. Todestag Richard Wagners an dessen Grab im Garten der Villa Wahnfried in Bayreuth hatte Folgen. Kulturredakteur Roman Kocholl interviewte einen für Bayreuth alten Bekannten und berichtet somit für die dortige Leserschaft über unser neues Richard-Wagner-Zentrum Mitteldeutschland.
zum Beitrag des Nordbayrischen KuriersRadikale Reduktion
Am 29. Januar 2022 hatte am Theater Nordhausen im Norden Thüringens Richard Wagners Oper „Tristan und Isolde“ in der Regie von Ivan Alboresi Premiere. Monika Beer, Vorsitzende des Richard-Wagner-Verbandes Bamberg, stellte uns ihren Bericht zur Verfügung.
Als erstes fiel mir Ralph Bollmanns Theaterrundreise „Walküre in Detmold“ ein, als ich von der „Tristan“-Produktion in Nordhausen erfuhr. Wagner in einem Haus, das keine 500 Zuschauer fasst (und zur Premiere nur vierzig Prozent reinlassen durfte)? Mit einem Orchester, das gerade mal 50 Musiker zählt, dazu jede Menge Debütanten auf, vor und hinter der Bühne? Ist das nicht ein aberwitziger Plan? Ist es. Trotzdem hat es funktioniert, und zwar mehr als beachtlich, ja zum Teil begeisternd.
Was gute Gründe hat, denn erstens eignet sich kein wagnerisches Musikdrama mehr zum intimen Kammerspiel als eben „Tristan und Isolde“. Und zweitens steht in Nordhausen Michael Helmrath am Pult, von Herbst 2016 bis Sommer 2021 Generalmusikdirektor des Theaters und des dazugehörigen Loh-Orchesters Sondershausen. Dem Dirigenten war bei der wegen Corona verschobenen Premiere nirgends anzumerken, dass das auch für ihn der erste komplette „Tristan“ war. Vielmehr war zu hören, dass da einer nicht nur die Partitur gut kennt – und, vor allem was die Tempi betrifft, die von Felix Mottl überlieferten Angaben Wagners –, sondern auch seine Instrumentalisten. Der frühere Solo-Oboist der Münchner Philharmoniker und langjährige Chef der Brandenburger Symphoniker weiß seine Musiker für diese außerordentliche Aufgabe zu motivieren und hat keine Angst davor, wenn die Streicherbesetzung noch deutlich unter dem liegt, was als Mindeststandard gilt. Natürlich ist ein derart dünner Streicherklang zuweilen grenzwertig, aber indem Helmrath entsprechende dynamische Retuschen vornimmt, damit insgesamt die Balance wieder stimmt, ist es ein zuweilen kammermusikalischer, aber dennoch ein veritabler Wagnerklang.
Das kommt vor allem den Solisten zugute, bis auf zwei Ausnahmen Rollendebütanten. Der Star des Abends ist Kirstin Sharpin als Isolde. Die aus Neuseeland stammende Sopranistin und Gewinnerin des Wagnerstimmenwettbewerbs 2015 in Karlsruhe rechtfertigt diesen Preis mir einer wunderbar klaren, sicheren, wortverständlichen und geschmeidigen, an den richtigen Stellen auch strahlkräftigen Stimme. Sie weiß und versteht, was sie singt, auch in ihrer Mimik und Körpersprache wirkt alles natürlich. Schade, dass Alexander Schulz als Tristan nicht über diese sängerdarstellerische Präsenz verfügt. Zwar lässt er vor allem im 3. Akt heldentenoral aufhorchen, doch vermag er sein stimmliches Potenzial nicht durchgängig und ausgeglichen einzusetzen. Als bestes Ensemblemitglied reüssiert Thomas Kohl als nur in den höchsten Tönen nicht souveräner König Marke, auch die weiteren Partien sind spielfreudig und gut besetzt. Dazu der von Markus Fischer einstudierte Herren- und Extrachor des Hauses sowie einige Statisten.
Ivan Alboresi, Ballettdirektor des Hauses, hat erstmals eine Oper inszeniert – noch ein gelungenes Debüt! In einer drastisch reduzierten Ästhetik mit einigen regietheatermodischen Einsprengseln versucht er, „die pure Essenz der Emotionen“ der Titelprotagonisten und der sie umkreisenden Figuren freizulegen. Die abstrakte Bühne von Wolfgang Kurima Rauschning besteht aus einem mehrfach gestaffelten, wandelbaren Plafond und einer drehbaren großen Schräge, die in allen drei Akten mit je unterschiedlichem Material belegt ist und von der im letzten Akt nur noch Bruchstücke vorhanden sind. Einige stimmige Projektionen und farbiges Licht genügen, um dem Publikum den Freiraum für passende Assoziationen zu geben. Die heutigen Kostüme von Dietrich von Grebmer setzen in der immer wieder surreal wirkenden und hin und wieder von Choristen und Statisten belebten Szenerie auch farbige Akzente. Wer wie von ungefähr ein bisschen an Neubayreuth denkt, liegt nicht falsch. Die Figuren bewegen sich teilweise wie Skulpturen im Raum, sind aber gleichzeitig sehr menschlich in ihrem Gefühlschaos. Auch wenn viel an der Rampe gesungen wird, ist das nur mit einer Ausnahme Rampensingen. Vielmehr intensiviert die gegebene Nähe den Ausdruck der Sängerinnen und Sänger, transportiert das, was die handelnden Personen in ihrem Innersten bewegt.
Ein Sonderlob gebührt den zuschauerfreundlich großen Übertiteln, unbedingt zu tadeln bleibt die unorthodoxe Vorhangregie, die der Titelprotagonistin und dem Publikum den ersten befreienden Applaus nicht gönnt und stattdessen zunächst die Statisten auf die Bühne schickt. Schade, dass keiner dem Operndebütanten Alboresi davon abgeraten hat. Denn damit wird den Hauptsolisten und dem gleichermaßen aufgewühlten Publikum im Saal verweigert, genau das zu empfangen beziehungsweise auszudrücken, worum es doch dreieinhalb Stunden lang gegangen ist: jede Menge Emotionen.
Fotos: Julia Lowres
Zum 200. Geburtstag von Theodor Uhlig aus WurzenWagners Freund aus dem Muldental
Am 15. Mai 1822 wurde Gottlob Sigismund Theodor Uhlig in Wurzen geboren. Die Stadt an der Mulde, in der sich das Bistum Meißen in Reformationszeiten vollendete, besitzt mit der Kirche St. Marien quasi einen Dom, direkt neben dem beeindruckenden innerstädtischen Renaissanceschloss. Uhligs Vater war Hornist beim lokalen Jägerbataillon, was der Vollwaise, die Uhlig bereits mit acht Jahre war, die Unterbringung in einem Militärwaisenhaus bei Pirna bescherte. Schnell wurde er als musikalisches Wunderkind erkannt und von Sachsens König Anton und dessen Nachfolger Friedrich August II. gefördert. Nach erfolgreichem Musikstudium in Dessau wurde er Geiger in der Sächsischen Hofkapelle und lernte Richard Wagner kennen. Die Freundschaft hielt bis in Wagners Exil in der Schweiz, wo Uhlig ihn mehrfach in Zürich besuchte. Der Briefwechsel zwischen beiden war intensiv und wird gern als historisch bezeichnet. Uhlig, ganz Kind seiner Zeit, veröffentlichte in der in Leipzig erscheinenden „Neuen Zeitschrift für Musik“ am 23. Juli 1850 den Artikel „Zeitgemäße Betrachtungen“, in dem er sich zu jüdischen Komponisten und deren Werken äußert. Ähnliches findet sich dann in Wagners Artikel vom 3. September 1850 in ebendieser Zeitschrift, was beiden das Verdikt des Antisemitismus einbrachte.
Wagner widmete dem Freund sein Schriftwerk „Oper und Drama“. Uhlig starb am 3. Januar 1853 in Dresden mit 31 Jahren an Lungentuberkolose. Er hinterließ ein weitgehend unveröffenlichtes Werk, wovon sich 18 Originalkompositionen im Besitz des Kulturhistorischen Museums Wurzen befinden. Während die Wurzener Musikschule 1998 nach dem Musiker und Komponisten benannt wurde, ließ man sein Geburtshaus auf dem Crostigall leider 2003 abreißen.
Im Jahre 2016 erarbeitete Thomas Krakow, damaliger Vorsitzender des Richard-Wagner-Verbandes Leipzig, für die Reihe „Richard Wagner in Mitteldeutschland“ für Müglenz-Thammenhain-Wurzen einen Orts-Flyer, in dem auch Uhlig gewürdigt wird. Der Flyer, wie die gesamte Flyer-Box der Wagner-Orte, ist hier im Angebot.
(Fotos/Reproduktionen: Kulturhistorisches Museum Wurzen)
Zu Richard Wagners 139. Todestag: „Bayreuth 2021“ Ehrenmitglied KS Georg Zeppenfeld und Stipendiat Peter Fabig beim RWV Dresden im Gespräch
Der Saal in den Wagner-Stätten Graupa war coronagerecht bis auf den letzten Platz gefüllt und der Nachmittag des 12. Februar 2022 wurde für alle Teilnehmer ein Ereignis. Peter Fabig, Bayreuth-Stipendiat 2021 des Dresdner Wagnerverbandes, bot sein musikalisches „Dankeschön“ für den fünftägigen Aufenthalt in Franken mit den ersten sechs Liedern des „Liederkreis op. 39“ von Robert Schumann dar. In Bayreuth hatte er auch die Gelegenheit, beim Stipendiatenkonzert sein Können unter Beweis zu stellen. Stipendiaten-Beauftragte Barbara Ficker, die bereits charmant in den Nachmittag eingeführt hatte, dirigierte hernach souverän ein Gespräch mit Peter Fabig und dem Ehrenmitglied des Verbandes, KS Georg Zeppenfeld. Das wurde, durchaus erwünscht, zunehmend zu einem Dialog zwischen dem jungen, am Anfang seiner Karriere stehenden Sänger und dem gestandenen und weltweit gefragten Bühnenstar ohne Allüren. Es war kurzweilig, interessant und erstaunlich offen, auch bei coronabedingt systemrelevanten Meinungen. Peter Fabig verließ nach einer Stunde die Veranstaltung in Richtung Döbeln wegen einer Gesangsverpflichtung am Mittelsächsischen Theater. Der Kammersänger allerdings wollte nicht „ungesungen“ seinen Verband verlassen. Die mit Beifall quittierte angekündigte Zugabe begann er mit „Gute Nacht“ aus Franz Schuberts „Winterreise“ so einfühlsam und stimmungsvoll, dass mit spontanen Bravorufen und Beifall gedankt wurde. Zur völligen Überraschung aller sang er noch weitere fünf Lieder aus dem Zyklus. Die Abstimmung und auch die Intonationsdynamik zwischen dem Sänger und der Pianistin war frappierend, als wären sie ein lang eingespieltes Team. Dabei begegneten sich Frau Prof. Natalia Petrowski von der Hochschule für Musik „Carl-Maria von Weber“, die auch schon Fabig begleitet hatte, und der Semperopern- und Bayreuth-Star an dem Tag bei der Vorprobe zum ersten Mal. Zeppenfeld war ebenso angetan von dem Einfühlungsvermögen der Pianistin, wie das Publikum von der ganzen Veranstaltung. Lang anhaltender und stürmischer Beifall beendete eine denkwürdige Veranstaltung beim Richard-Wagner-Verband Dresden.
(Klaus Weinhold/Thomas Krakow)
„Am Grabe Richard Wagners“Zum 139. Todestag des Meisters im Garten von Haus Wahnfried
Kaiserwetter über Bayreuth am 139. Todestag des kleinen Sachsen, der die Welt bis heute musikalisch verzaubert. Kein Wunder, hatte er doch zur ersten wirklichen Einheit Deutschlands, der Gründung des Zweiten Deutschen Kaiserreiches vor 151 Jahren, einen Kaisermarsch (WWV 104) komponiert. Er hatte es sich also verdient.
Sechs Mitglieder unseres Vereins und ein Kind wollten des Meisters gedenken. Die Stadt hatte bereits den wiederverwendbaren abwaschbaren Plaste-Kranz aufgestellt. Damit machte man deutlich, dass der Mann nicht vergessen ist, dem Bayreuth soviel verdankt. Gibt es noch jemanden in der Stadt, der irgend etwas mit Richard Wagner zu tun hat? Am Grab war es nicht sichtbar. Zwei Blumensträuße zeugten von Freunden, Verehrern oder Interessierten. Ein junger Mann, Student aus Bremerhaven, suchte in Gedanken versunken die Stille am Grab. Die kleinen Gesten beeindruckten. Freund und Wagnerkenner Dr. Frank Piontek ordnete als Bayreuther Bürger den Komponisten vor Ort ein und in die unsachgemäßen ahistorischen Forderungen um Namenstilgungen an Straßen und Plätzen in Deutschland. Er tat es wie immer charmant und souverän. Ansonsten lud das Wetter zum Bummel durch die Stadt ein, die voll von Besuchern und Einheimischen war. Zum Abschluss pflichtgemäß noch einmal am Wolfgang-Wagner-Platz ein Blick auf das Festspielhaus. Gemeinsam mit Reisebusinsassen aus Cottbus. Ex oriente lux.
Kein Wagner mit Wagner am Augustusplatz
Der Kartenverkauf beginnt am 15. Februar 2022.
Parlamentsgespräch im Ständehaus zu MerseburgHerfried Münkler „Marx, Wagner, Nietzsche – Welt im Umbruch“
Wir arbeiten zielstrebig an einem eigenen Programm aus der Mitte Mitteldeutschlands heraus. Wenn die pandemische Lage es zulässt, wird der Auftakt im März 2022 sein.
Unter dem Motto Parlamentsgespräche werden wir im Ständehaus zu Merseburg, dem ehemaligen Provinzialparlament der preußischen Provinz Sachsen, den Autor Herfried Münkler zu Gast haben mit seinem neuen Buch „Marx, Wagner, Nietzsche – Welt im Umbruch“. Münkler ist in der öffentlichen, politischen wie in der gesellschaftlichen Debatte ein gefragter Gesprächspartner. Wir freuen uns, ihn in der Region zu begrüßen, aus der Richard Wagner und Friedrich Nietzsche stammen und wo über vierzig Jahre Marx’sche Lehren zum Gesetz erhoben waren.
Ort: Ständehaus Merseburg, 4. März 2022, 17:00 Uhr, Eintrittspreis: 12,00 Euro
Beschränkte Platzzahl. Verbindliche Kartenbestellung unter: info@richard-wagner-zentrum.de oder 0177 768 6016.
Erfolgreiche Aktivitäten im Januar
Die Oper Leipzig konnte im Januar das Frühwerk Richard Wagners aufführen, also jene Opern, die nach einem ungeschriebenen Gesetz nicht zum Kanon im Bayreuther Festspielhaus gehören. Einige unserer Mitglieder besuchten am 23. Januar 2022 „Das Liebesverbot – oder die Novize von Palermo“, am 29. Januar 2022 „Rienzi, der Letzte der Tribunen“ und am 30. Januar 2022 Wagners erstes Opernwerk „Die Feen“. Von „Die Feen“ war der Leipziger Student Paul L. aus Heidelberg so angetan, dass er nach der Diskussion mit dem Vorsitzenden Thomas Krakow spontan Mitglied in unserem Verein wurde. Vorausgegangen waren Besuche des Vorsitzenden mit Gästen vom Harz und aus Baden am Gedenkstein für das abgerissene Geburtshaus von Richard Wagners Mutter Johanna Rosina, geborene Pätz, in der Marienstraße in Weißenfels.
Reise des Richard-Wagner-Verbandes Wien nach Berlin gerettet Vereinsvorsitzender übernimmt kurzfristig Reiseleitung zum „Herheim-Ring“
Es ging ganz schnell, nachdem der Notruf wegen akuter Erkrankung von Liane Bermann, Vorsitzende des RWV Wien, in Mitteldeutschland durchdrang und unser Vorsitzender Thomas Krakow für diese Verbandsreise als Leiter einsprang. Er führte die Teilnehmer auch stadtplanerisch durch Ost-Berlin und das Regierungsviertel sowie kultur-historisch durch Potsdam und die Fontane-Orte Wuthenow, Neuruppin und Rheinsberg. Gänsehaut gab es am Stechlin-See, hat man Bild und Ton der Verfilmung dieses Fontaneschen Weltabschiedswerks im Jahr 1975 durch den NDR noch im Kopf mit dem unvergleichlichen Arno Assmann in der Hauptrolle. Wer Krakow nimmt, musste dann auch aushalten, dass die ganze Geschichte der Mark Brandenburg, der Hohenzollern und vor allem der Askanier mit abfiel. Denn woher hat Berlin sein Wappentier? Von Albrecht dem Bären aus Bernburg.
Lästig aber notwendig war die tägliche Covid-Test-Prozedur im Testzentrum und deren Kontrolle vor jeder Aufführung in der bis auf den letzten Platz besetzten Deutschen Oper an der Bismarckstraße. Zur Entschädigung gab es Live-Musik eines mitteldeutschen Komponisten vom Feinsten und die Inszenierung der Tetralogie von Stefan Herheim. Die wird in Berlin schon liebevoll „Schiesser-Ring“ genannt, weil es auch eine Werbeshow für diesen Unterwäscheproduzenten sein könnte. Herheim ist in der Lage, große Bilder zu schaffen und ebensolche Gefühle zu erzeugen, um sie danach radikal zu zerstören. Am Ende wischt eine Putzfrau alles weg. Besser so? Jeder sollte sich eine eigene Meinung bilden, denn über Geschmack lässt sich streiten. Aber Krakow wäre nicht Krakow, wäre bei soviel Zeit in der Deutschen Oper nicht auch die Zahl seiner eigenen Vereinsmitglieder gestiegen. Am Ende war Zufriedenheit auf allen Seiten.
Richard-Wagner-Zentrum Mitteldeutschland gedenkt des Todestages von Richard Wagners Mutter Johanna Rosina
Der Todestag von Richard Wagner Mutter, Johanna Rosina Geyer, geborene Pätz, verwitwete Wagner, jährte sich am 9. Januar 2022 zum 174. Mal. Sie starb in Leipzig und wurde auf dem Johannisfriedhof beigesetzt. Unser Verein gedachte ihr mit einem Blumengruß. Der 1910 aufgestellte Grabstein für sie und ihre Tochter Rosalie Marbach war bis 1937 die einzige größere Erinnerungsstätte an Richard Wagner, da das Denkmal von Max Klinger gescheitert war.
Wir fühlen uns der Erinnerung an Richard Wagner und seine Familie an allen relevanten Orten in Mitteldeutschland verpflichtet. Wer mehr über die wagnerschen oder wagnernahen Grabstellen auf dem heutigen musealen Parkfriedhof in Leipzig erfahren möchte, dem empfehlen wir das Buch von Ursula Oehme „Die Ruhestätten der Familie Wagner auf dem Alten Johannisfriedhof zu Leipzig“, das bei uns erhältlich ist.
Wagner für alle: „Der Ring an einem Abend“ in WeimarDas Deutsche Nationaltheater bietet Wagner von Loriot
Ob anlaog oder online – wir präsentieren uns
An allen Ecken und Enden wird geklagt, was Corona alles verhindert. Selbst das Pflegen oder Aktualisieren von Internetseiten scheint in Zeiten von „Heimarbeit“ oder „Wohnbüro“ nicht möglich zu sein. Dem wollen wir etwas entgegensetzen. Unsere Energie werden wir nicht verschwenden für das Suchen von Gründen, warum etwas nicht geht, sondern nach Möglichkeiten und Wegen, wie es doch gehen kann. Deshalb wurde am 30. Mai 2021 unser Richard-Wagner-Zentrum Mitteldeutschland gegründet.
Danach begann die Aufbauarbeit – wie immer ehrenamtlich, in der Freizeit, mit viel Engagement und manchen Steinen im Weg, die es wegzuräumen galt und gilt. Sysiphos wird
man hier aber nicht am Werk sehen, denn wir haben uns geschworen, nur so lange am Werk zu sein, wie es Spaß macht. Und klar ist auch – Richard Wagner steht im Mitttelpunkt. Trotzdem sind wir kein Richard-Wagner-Verband. Nicht nur in Mitteldeutschland werden die in der Fläche unauffälliger. Deshalb sehen wir uns als sinnvolle Ergänzung.
Wir können aber nur wirklich aktuell, informativ und unterhalsam sein, wenn uns unsere Mitglieder und die interessierte Öffentlichkeit dabei unterstützen. Geben Sie uns bitte Rückmeldungen, was wir besser, oder richtiger machen können. Davon lebt ein Verein. Wir freuen uns darauf.